Der Lotos verbindet die Kulturen der Welt

Die Lotosblume beflügelt seit alter Zeit die Vorstellungskraft von Künstlern und Poeten. Sie steht für das Göttliche, für Mitgefühl, tiefes Erwachen, Fruchtbarkeit, Reinheit, Wiedergeburt und den Kosmos als Ganzes.

Der Lotos ist als Pflanze zur vielfachen Verwendung geeignet. Die Blüten für Parfüm und Aroma-Öle. Die Wurzeln, Samen, Stängel und Früchte können gegessen werden oder in der Medizin Anwendung finden. Die Blätter dienen als Verpackung für Speisen. Die Samenkerne sind Bestandteile von Gebetsketten und die Fasern der Stängel und Blätter können zu textilem Gewebe versponnen werden.

Der Lotos ist nicht in allen Ländern gleich. Unter Lotos wird sowohl der botanische Lotos (Nelumbo) als auch die aus der Familie der Wasserlilien stammende Seerose (Nymphaea) verstanden. Beides sind mehrjährige Frischwasserpflanzen, deren Wurzeln in den seichten Gewässern eines Teiches oder Sumpfgebietes im Schlamm verborgen sind. Sowohl die Wasserlilien als auch die Lotosblumen können weiss, rot, rosa, oder gelb gefärbt sein. Bei den Seerosen gibt es noch blaue Arten.

In Ägypten und Griechenland verkörpert der Lotos die Hoffnung auf die Wiedergeburt. Im hellenistischen Griechenland wurde das stilisierte Muster von Lotosblumen in dekorativen Friesen eingesetzt. Nefertum ist eine altägyptische Gottheit, die aus einer Lotosblume entstand und entsprechend mit der Lotusblüte auf dem Kopf dargestellt wird. In der Indischen Schöpfungsmythologie erwächst Vishnu ein Lotusstängel aus dessen Bauchnabel. Aus jener Lotosblüte kam der Schöpfergott Brahma hervor. In der Mythologie der Hindus wurde die Göttin der Liebe und Harmonie Lakshmi aus einer Lotosblüte geboren.

Diese himmlischen Wesenheiten aus allen Kulturen der Welt vermitteln der universelle Wunsch der Menschen nach Wahrheit und Erkenntnis zu suchen. Das Bild wurde gemalt von Chen Xiaoping, Dong Xiqiang und Shi Tingyin aus Vancouver, Hong Kong und Los Angeles im Jahre 2003. Das Copyright liegt bei „The Art of Zhen Shan Ren“.

Im frühen Buddhismus gab es keinerlei Abbildungen des Buddha. Später wurden die Skulpturen Shakyamunis und der Bodhisattwas stehen oder sitzend auf einer Art Podest dargestellt, welche mit Lotusblütenblättern umkränzt waren. Shakyamuni Buddha lebte von ca. 563 bis 483 v. Chr. Während mehr als vierzig Jahren lehrte er die Menschen in Nordindien sein Dharma. Die Lotosblume ist Bestandteil der buddhistischen Ikonographie und bis heute ein beliebtes Motiv auf Keramiken, Textilien, in der Malerei und der Poesie. Für den Besucher eines beschaulichen Gartens ist der Anblick eines Teiches mit Lotosblumen ein erquickliches Erlebnis.

Gedicht von Huang Tingjian (1045-1105)

Ich schaue mich um: Das Licht der Berge berührt die leuchtende Wasseroberfläche.
Ich lehne an der Brüstung, weithin verströmt der Lotos seinen Duft.
Der klare Wind und ein strahlender Mond – jenseits der Menschen Einfluss.
Zusammen bringen sie einen Hauch Frische zum Südlichen Pavillon.

Huang Tingjian war Dichter und Kalligraph während der Song-Zeit. Er bestand sein jinshi-Examen 1067 und arbeitete am Kaiserhof in der Hauptstadt Kaifeng. Er war zwei Mal verheiratet, aber beide Frauen starben jung. Er wendete sich dem Buddhismus zu und legte ein Gelübde ab, Wein, Fleisch und den Frauen zu entsagen. Er zählt zu den „Vier Kalligraphie-Meistern“ der Song-Dynastie und seine eher komplexe Lyrik wurde stilbildend, da ihn spätere Dichter zum Vorbild nahmen.

Quelle: Zur Funktion und Symbolik des Lotos in verschiedenen Weltkulturen sowie im Kultur – und Religionsgeschichte von Kazuakti Tanahashi aus dem Buch LOTOS, Sarasvati Edition, Manjughosha Edition Verlagsgesellschaft GmbH Berlin, 2013.
Lexikon der Chinesischen Literatur, Volker Klöpsch und Eva Müller, C.H. Beck Verlag, Seite 129.

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