Die Wirkung aufrichtiger Gedanken und tugendhaften Verhaltens in Zeiten der Not

Seit der Antike wird von Plagen und Seuchen berichtet, die auftreten, wenn die Moral der Gesellschaft allgemein niedrig war. Jedes Mal waren einige Menschen darunter, die der Seuche zwar ausgesetzt waren, aber nicht angesteckt wurden. Wie war das möglich? Eine alte Geschichte erzählt von der Kraft tugendhaften Verhaltens und dem Einfluss unserer Gedanken und Taten in schweren Zeiten.

Das goldene Rezept

Einst kehrte ein königlicher Koch nach seiner Pensionierung in seine Heimatstadt zurück. Da er den ganzen Tag nichts zu tun hatte, beschloß er einige Leute einzustellen und eine Taverne zu eröffnen.

Eines Tages brach in der Grafschaft eine große Seuche aus. Sie war nur hundert Meilen von der Hauptstadt entfernt und viele kaiserliche Fachärzte kamen in die Stadt, um Behandlungen durchzuführen. Doch lange Zeit konnte die Ursache der Krankheit nicht identifiziert werden und die Medikamente zeigten keine Wirkung. Als die Epidemie immer ernster wurde und die Menschen nacheinander starben, gerieten alle in Angst und Panik.

Als der alte Königskoch diese Situation beobachtete, schloss er seine Taverne, schnitt sich von der Außenwelt ab und versteckte sich den ganzen Tag in seinem Haus. Obwohl das Haus sorgfältig abgedichtet war, drang die Krankheit immer noch durch die Wände und erreichte ihn. Er begann schwach zu werden, bekam oft Krämpfe, fühlte sich schwindelig, musste sich übergeben und hatte Blut im Stuhl.

Der königliche Koch hatte das Gefühl, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb. Er stieg in den obersten Stock seines Hauses und blickte auf die Stadt hinab. Die hektischen und geschäftigen Straßen der Vergangenheit waren nun menschenleer, während die von der Seuche heimgesuchten Leichen überall auf den Straßen lagen.

Der Mann seufzte weinend: „Ach! Was nützen Ruhm und Profit? Obwohl ich ein berühmter königlicher Koch bin, kann ich der Epidemie nicht widerstehen. Wer kann angesichts dieser Ungewissheit sein eigenes Schicksal bestimmen?“

Der Mann dachte, dass er wahrscheinlich bald sterben würde und dass es keinen Sinn hätte, so viel Geld, Kleidung und Essen zu behalten. Es wäre besser, seine Besitztümer den infizierten armen Menschen zu geben und ihnen zu einer besseren Lebensqualität zu verhelfen. Deshalb beschloss er sein gesamtes Hab und Gut zu verschenken. 

Aufrichtige Gedanken der Menschen können nicht mit Gold aufgewogen werden

Unterstützt von diesen Gedanken fühlte der königliche Koch seine Angst vor der Epidemie verschwinden. Ein Gefühl der Gerechtigkeit erfüllte sein Herz und er spürte eine innere Kraft. Er öffnete wieder die Taverne und ließ von mutigen Helfern jeden Tag Brei für die Armen kochen und Kleidung für die Bedürftigen verteilen. Auch für die Verstorbenen auf der Straße traf er notwendige Vorkehrungen und ließ sie begraben.

Als viele andere reichen Leute die guten Taten des königlichen Kochs sahen, schauten sie zu ihm auf und nahmen ihn als Vorbild. Auch sie erkannten, dass sie eventuell an der Seuche sterben könnten, und dass es besser sei, die Zeit auf sinnvollere Weise zu nutzen. Die Angst vor der Epidemie verschwand und die verlassenen Straßen wurden wieder lebendig.

So halfen sich die Menschen gegenseitig und wurden höflicher und rücksichtsvoller. Die Stadt erwies sich als friedlicher, mit wenig Gewalt oder Schikanen. Einen Monat später stellte der königliche Küchenchef zu seiner Überraschung fest, dass sich sein Körper allmählich erholte und seine frühere gute Gesundheit zurückkehrte.

Auch in größter Not an die anderen zu denken, ist Zeichen eines tugendhaften und reinen Herzens.

Auf dem Bild von 1524 wäscht (und kämmt) die Heilige Verena einem Mitmenschen die Haare. Württembergisches Landesmuseum Stuttgart

Eines Nachts sah der königliche Koch im Schlaf einen Taoisten auf einem Kranich, der auf ihn zuflog und sagte „Hier ist wertvolle himmlische Medizin. Du hast sie durch deine Tugendhaftigkeit verdient. Nimm sie, um die Opfer der Seuche zu retten. Nimm sie schnell!“

Sofort nach dem Erhalt der Medizin erwachte der königliche Küchenchef aus seinem Traum. Als er tatsächlich die Schachtel mit dem Heilmittel in seiner Hand sah, freute sich der königliche Koch und machte  Kotau (ehrerbietende Verbeugung), um dem Taoisten  zu danken.

Am nächsten Tag verarbeitete er das Heilmittel laut dem beigelegten Rezept und bereitete so das Gegenmittel gegen die tödliche Seuche zu. Die Wirkung war erstaunlich und die Patienten erholten sich sofort nach der Einnahme des Gegenmittels. Der königliche Küchenchef schickte das Heilmittel persönlich zum Kaiserpalast in Peking.

Bald war die Epidemie, die mehrere Monate lang gewütet hatte, durch die Tugend des königlichen Kochs vorbei. Nachdem der Kaiser die Geschichte über den Ursprung der Medizin erfahren hatte, bereute er seine eigenen Verfehlungen und schrieb zu Ehren des unsterblichen Taoisten mit Hingabe und Respekt fünf Schriftzeichen mit der Bedeutung: 

„Das wertvollste Rezept, das nicht mit Gold aufzuwiegen ist, ist die Tugend.“

Wenn der Himmel beschließt, Seuchen in die menschliche Welt zu schicken, werden laut einer chinesischen Volksweisheit, fünf Seuchenboten vom Himmel entsandt, um ihre Pflicht zu erfüllen.
Wo sie hingehen, wird Leiden verursacht.

Wer zu Moral und Güte zurückkehrt, kann darauf hoffen das Unheil zu überstehen und einer neuen, besseren Zukunft entgegen zu gehen.

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