Als Rainer Maria Rilke in Paris lebte

Im frühen 20. Jahrhundert, von 1902-1907, lebt der Dichter Rainer Maria Rilke in Paris. Dort begegnet er dem Panther im Tiergarten des Jardin des Plantes und der beindruckenden Statue des Buddha Amitabha in Rodins Garten.

Die Buddha-Statue im Garten Rodins (Quelle: Musée Rodin, Georg Treu, Bei Rodin) Rilke schaut den Buddha an von lumin:hunter ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.

Prag – Paris

Rainer Maria Rilke kommt in Prag zur Welt. Er wächst bei der Mutter auf und studiert Kunst- und Literaturgeschichte sowie Jus in Prag, München und Berlin. Ausschlaggebend für seine Laufbahn als Dichter ist die Begegnung mit Lou Andreas-Salomé, die seine Geliebte, mütterliche Freundin und intellektuelle Lehrerin zugleich ist.

Im Sommer des Jahres 1902, zieht Rainer Maria Rilke nach Paris, um eine Monografie über Auguste Rodin zu verfassen. Die nur wenige Jahre davor geschlossene Ehe mit der Bildhauerin und Malerin Clara Westhoff war gescheitert. Die Stadt der schönen Künste, seine Begegnungen mit Auguste Rodin und dem Maler Paul Cézannes, bewirkten eine Veränderung in seiner Wahrnehmung und Art zu Schreiben.
1907 werden seine „Neuen Gedichte“ im Insel Verlag Leipzig veröffentlicht. Der Zweite Band „Neuen Gedichte anderer Teil“ folgen ein Jahr später.

Der Panther

Dem hinter Gitterstäben gehaltenen Panther begegnete Rilke im Tierpark des Jardin des Plantes. Dieser botanische Garten ist Bestandteil des staatlichen Forschungs-und Bildungsinstitutes für Naturwissenschaften. 1793 wurden die sich im Privatbesitz von Schaustellern befindenden exotischen Tiere an die Naturforscher des Jardin des Plantes zur Schlachtung und Ausstopfung übergeben. Die Forscher missachteten den Befehl und liessen die Tiere am Leben. Daraus entstand die Ménagerie, ein kleiner Zoo, der bis Heute besichtigt werden kann.

Der Panther von Rainer Maria Rilke

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf — Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille — und hört im Herzen auf zu sein.

Buddha Amitabha

Für eine kurze Zeit arbeitet Rainer Maria Rilke in der Funktion als Privatsekretär bei Rodin und lebt in dessen Haus in Meudon. Dort trifft er überraschend auf die Statue des Buddha Amitabha. Der Bildhauer Rodin hatte sie an der Weltausstellung gekauft und auf einem Hügel aufstellen lassen.

Von seinem Fenster aus kann Rilke direkt auf die Buddha-Statue blicken. Ein innerer Dialog entsteht zwischen dem feinfühligen Gedichteschreiber und dem Abbild des Buddha. Er verfasst insgesamt drei Gedichte die sowohl seinen Bezug zu Buddha, bzw. zu der Statue und seine persönliche Sicht auf Gott reflektieren.

Buddha in der Glorie von Rainer Maria Rilke

Mitte aller Mitten, Kern der Kerne,
Mandel, die sich einschließt und versüßt, –
dieses Alles bis an alle Sterne ist dein Fruchtfleisch: Sei gegrüßt.
Sieh, du fühlst, wie nichts mehr an dir hängt;
Im Unendlichen ist deine Schale, und dort steht der starke Saft und drängt.
Und von außen hilft ihm ein Gestrahle,
denn ganz oben werden deine Sonnen voll und glühend umgedreht.
Doch in dir ist schon begonnen, was die Sonnen übersteht.


Paris – Ägypten – Schweiz

Nach seinem Aufenthalt in Paris folgen ausgedehnte Reisen bis ins Ferne Afrika und Ägypten. Bei Ausbruch des ersten Weltkrieges kommt sein dichterisches Schaffen zu einem Stillstand. Dank einflussreicher Freunde wird Rainer Maria Rilke von einem Fronteinsatz verschont und bekommt eine Arbeit im Archiv zugeteilt. Ende 1916 kann er den Militärdienst bereits wieder verlassen.

Im Sommer 1919 erhält er eine Einladung zu einem Vortrag und nimmt diesen freudigen Anlass als Grund ganz in die Schweiz überzusiedeln. Er findet dank der Grosszügigkeit eines Mäzens eine neue Heimat im Château de Muzot, einem Schlösschen oberhalb von Siders im Kanton Wallis. Der Ortswechsel hilft ihm sein begonnenes Werke „Duineser Elegien“ fertig zu schreiben. Obwohl er kurz darauf schwer Erkrankt und in mehreren Sanatorien Behandlungen bekommt, schreibt er unablässig weiter. Er reist auch noch ein letztes Mal nach Paris und kehrt nach einem mehrmonatigen Aufenthalt wieder in die Schweiz zurück. Er stirbt im Sanatorium von Val-Mont bei Montreux im Winter 1926. Sein Grab steht in der Walliser Gemeinde Raron auf dem dortigen Bergfriedhof.

Ergänzungen:
Rilkes Leben in Paris interaktiv auf Google Maps .
Ein Bericht des
Schweizer Radios geht der Frage nach, was Rilke an der Gestalt des Buddhas fasziniert hat.
Der Panther neu interpretiert
hier




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