Teil 3: Der Organhandel in China könnte ein 8-10 Millionen Dollar Geschäft sein

Im Mittelpunkt des Organhandel-Phänomens steht die Verfolgung der Meditationsgruppe Falun Gong. Die chinesische Regierung versucht seit längerem mittels Inhaftierungen, laut Zeugen mit Inhaftierungen in Arbeitslagern, sogar die Existenz der Gruppe auszulöschen. Gutmanns Untersuchungen zufolge werden sie häufig die Opfer des Organhandels. In unserem Gespräch ist sogar eine mögliche Vorbereitung von Genozid die Rede.

Das unterstehende Interview und die dazugehörigen Videomaterialien reflektieren nicht die Meinung des Bloggers, dafür wird keine Verantwortung übernommen. Das Ziel ist nicht China, die chinesische Regierung oder Militär im schlechten Licht darzustellen, sondern die Zusammenfassung der Untersuchungen, die aus dem Buch hervorgehen, zu beleuchten.

I: Könntest Du uns einen Überblick über die Seite der Käufer geben?

„Das war nie Fokus meiner Arbeit, aber es gibt gute Dokumente darüber. Das Thema unserer Recherche war nicht der Organtourismus. Andere haben darüber Interviews geführt. Die Touristen werden auf Abstand gehalten von diesem ganzen Prozess. Sie wissen nicht, woher die Organe stammen. Ich habe z. B. in Birmingham ein Interview geführt mit jemandem, der seine neue Niere in einem chinesischen Militärkrankenhaus bekommen hat.

Ich habe gefragt, woher die Niere kam, aber er sagte, er wisse nicht. Auch habe ich gefragt, warum er sich nicht erkundigt hatte. Darauf hat er geantwortet, wenn er Fragen gestellt hätte, hätten sie ihm sofort die Tür gezeigt. Das müssen wir auch berücksichtigen, sie sind weit weg vom Prozess, sie wissen fast gar nichts.

Nach dem Organtourismus zu gehen ist lächerlich. Z. B. gab es einen Journalisten, der sich mit dem Dark Web beschäftigt hat, oder z. B. mit „meine Augen wurden verbunden und sie haben mich irgendwo hingebracht“ in Ägypten, wo ich neue Organe bekommen habe. Das ist toll und aufregend, spannend ist es auch in Afghanistan eine Burka anzuziehen. Aber Tatsache ist, dass es kein Geheimnis ist.

Der Name des Organmaklers ist Google. Du musst nur reinschreiben, dass du nach einer Niere suchst oder nach einer Leber. Unter den ersten zwanzig Treffern findest du sicherlich ein Forum und von da gelangst du zu einem chinesischen Krankenhaus.“

I: Du hast die „Donation“ erwähnt, es ist furchtbar, aber die Transplantation beim Organempfänger wird auf professionelle Art durchgeführt?

„Darüber weiß ich nicht viel, manche sagen nein, manche sagen ja. Nach unserem Wissen werden jährlich 60.000 Transplantationen durchgeführt, sie haben mehr Erfahrungen als jeder andere. Sie experimentieren sogar mit neuen Methoden. Sie garantieren einen lebendigen Donator – wenn jemand wirklich verzweifelt ist, muss ich sagen, es lohnt sich nach China zu reisen.

Das Problem ist das Gewissensdilemma. Zu wissen, dass wahrscheinlich ein unschuldiger Mensch dafür sterben muss. Hier geht es nicht um Verbrecher, nicht um Mörder, die z. B. eine Familie getötet haben und dann zurückgegangen sind, um das Baby auch zu töten. Hier geht es z. B. um eine Frau, eine schwangere Frau, die auf der Straße Flyer verteilt hat.

Oder um ein Muslime oder einen tibetischen Mönch. Das ist eine Menschenrechtskatastrophe. Mehrere Hunderttausende Falun-Gong-[Anhänger] sind denen zum Opfer gefallen, über die Tibeter und andere kenne ich keine Zahlen, aber die Zahl müsste deutlich weniger sein. Der Punkt ist, dass wir seit dem Holocaust keine so gigantische ärztliche Korruption und Missbrauch gesehen haben. In so einem Ausmaß ist das einfach furchtbar. Die neue Form des Bösen in der Welt.

Es ist unmöglich irgendetwas mit der Kommunistischen Partei zu machen, aber sind denn die westlichen Regierungen machtlos? Verbrecherorganisationen pflegen zu sagen, wenn du mit den Verkäufern nichts anstellen kannst, fang bei den Käufern an.

Da ist sicherlich ein Fünkchen Wahrheit drin, aber die Chinesen haben genug Geld, um es weiterzumachen. Auch wenn sie zehnmal weniger zahlen, es lohnt sich, höchstens erhöhen sie die Menge. Nach dem Erscheinen vom Buch „Bloody Harvest“ hat China versucht regulierend zu reagieren, sie haben gesagt, dass sie den Organtourismus verbieten wollen. Natürlich entspricht das aber nicht der Wahrheit, viele Berichte dementieren das.

Ethisch gesehen müssten sich alle Staaten damit befassen. Israel, dann Italien, Taiwan und auch Spanien hat die ersten Schritte getan. Alle hatten etwas zu verlieren gegen China, sie haben dennoch den Schritt gewagt und es hatte keine ernsthaften Konsequenzen.“

I: Was hat Israel gemacht?

Israel hatte ein System, das den Organtourismus nach China gefördert hat, ein Arzt hat das Wort dagegen ergriffen. Seine Eltern sind in einem Konzentrationslager gestorben, er hat darauf gezeigt, dass unhaltbar ist, dass sie an einem exakten Tag, zu exakten Uhrzeiten ihre Organtouristen in China erwarten. Wie machen sie das? Haben sie einen Autounfall organisiert? Es ist verblüffend.

Er hat angefangen das System in Frage zu stellen, er hat auch mein Buch gelesen. Er hat erreicht, dass das Gesundheitssystem den Organtourismus nach China nicht mehr unterstützt hat. Israel ist ein kleines Land, der Schritt war erfolgreich, seitdem ist keiner mit diesem Ziel nach China gereist. Sie hatten etwas zu verlieren, die Softwareindustrie ist riesig und China ist ein wichtiger Partner.

Taiwan ist eine ganz andere Geschichte, sie haben ein Gesetz erlassen, nach dem die Ärzte niemandem helfen können, als Organtourist nach China zu reisen. Sie haben den Ärzten mit Gefängnisstrafen gedroht; es ist gelungen, sie haben den Prozess zurückgedrängt. Natürlich, es gibt bestimmt einige wenige, die dem System entkommen sind. Mein Buch hat in der lokalen Wahlkampagne eine Rolle gespielt, viele bezogen sich darauf.“

I: An was arbeitest Du jetzt?

Ich möchte mit dem Thema Organhandel aufhören. Peking macht es aber immer noch. Obwohl … ich möchte schon auch andere Sachen machen jetzt, wo ich immer älter werde, oder auch nicht. 17 Millionen Menschen wurden in den letzten 4-5 Monaten untersucht, auf Blut und sonstiges. Es werden neue Krematorien gebaut, sie suchen gerade fünfzig Wachen. Da stimmt etwas nicht.“

I: Du hast vor dem Interview erwähnt, dass für ein durchschnittliches Krematorium 2-3 Wächter benötigt werden.

Ja, dafür suchen sie gerade 50. Also ja, der Prozess entwickelt sich weiter.

I: Noch eine Frage: was haben sie zu verlieren? Alle haben etwas zu verlieren, wovor hat die Partei Angst?

„Das ist eine sehr gute Frage, das ist die zentrale Frage, die erklärt, warum ich das überhaupt mache. Ich mag keine Meinungen, die erklären, warum die chinesische Regierung gut oder schlecht ist. Ich mag es auch nicht, China so zu definieren, ob es gut oder schlecht ist. Das ist nicht meine Aufgabe.

Schau Dir die Fakten an und entscheide selbst. Wenn Du dir die Taten anschaust, kannst Du ganz klar sehen, dass sich ein Muster zeigt, das wir auch früher schon mal gesehen haben. Das ist nicht so, wie beim Holocaust. Als Stalin damals in der Ukraine gegen die wohlhabenden Landwirte vorgegangen ist, war sein Ziel alle zu töten? Wahrscheinlich nicht.

Aber mit der Zeit haben sie immer mehr getötet, sie mussten die Spuren verwischen. Das hat zu den massiven Hungersnöten und zu den Gemetzeln geführt. Damit das Problem sich auflösen kann, haben sie die Menschen ausgerottet. Wenn ich heute Chirurg in China wäre, der an all dem teilnimmt, könnte ich nie ruhig schlafen. Ich könnte auch getötet werden.

Ich denke, dass sich der Präsident nicht um Falun Gong kümmert, kann sein, dass er sogar die Meditation ausprobiert hat und sie hat ihm sogar gefallen. Er interessiert sich nur dafür, dass das Problem nicht mehr da ist. Er muss sich sicher sein, dass das Problem nicht auftaucht. Dafür ist die Lösung, sie verschwinden zu lassen.

Die heutige Welt besteht aus so vielen wirtschaftlichen Verflechtungen, sie haben sicherlich etwas zu verlieren.

Wo ist etwas zu verlieren? Schau es Dir an, es gibt nur 3-4 Länder, die den Organtourismus verbieten. Rational gesehen bin ich Deiner Meinung. Chinas Schlüssel zur erfolgreichen Wirtschaft liegt nicht im Organhandel. Eher die Pharma-Industrie, sie haben alles, sie können Medikamente entwickeln, sie haben geniale Wissenschaftler, etc. Doch sie können dieses Problem nicht loslassen. Aber, um das Problem zu lösen, müssen sie diese Menschen ausrotten.

Der Organhandel hat schon die Welt verseucht. Die Branche der Transplantation wandert nach China und viele sagen gute Dinge darüber, aber ein lokaler Arzt hat „Stopp“ gesagt. Er habe etwas anderes darüber gehört und zwar nicht aus fragwürdigen Quellen, sondern aus der New York Times.

Diese große Änderung hat 2016 angefangen. Es war faszinierend zu beobachten, wie die vorherrschende Meinung umgekippt ist. Die Chinesen halten am marxistischen Denken fest, nach dem man die Probleme auslöschen muss. Gleichzeitig haben sie viele idealistische junge Ärzte. In diesem Kampf geht es um die Seele Chinas.

Du kannst nicht vorwärts gehen ohne die Vergangenheit zu verarbeiten. Auch dann nicht, wenn sie morgen mit alldem aufhören würden. Die Täter müssen akzeptieren, was sie getan haben. Sie müssen sich den Verwandten der Verschwundenen stellen. Nicht mir, den Familien! Nicht Falun Gong. Und schon gar nicht der Transplantationsbranche. Der Schwerpunkt liegt in den Familien. Sie haben noch Angst, mit mir zu sprechen oder mit sonst wem. Wenn sich das ändert, dann kommen wir weiter.“

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Bericht auf Ungarisch

Teil 2 des Berichtes

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