Mein Weg zum Falun Gong

Peter Recknagel

Es ist Sonntag früh ca. 2.25 Uhr und ich bin, wie sonst an Wochenenden nachts auch, auf dem Frankfurter Flughafen bei der Arbeit. Es war eine von diesen Nächten letztes Jahr (1997), es muß wohl Ende September / Anfang Oktober gewesen sein, als ich genau hier auf der Arbeit die Seiten eines Magazins aufschlug, um darin einen sogenannten „Prüfbericht“ eines Qigong Meisters durchzulesen. Wenige Seiten später fand ich Worte über eine neue Qigong Art, Falun Gong, und ich dachte in diesem Moment noch nicht daran, wie nachträglich dieser Artikel meine Zukunft beeinflussen würde. Ich möchte kurz erwähnen, daß ich mir höchstens 2 Mal in meinem Leben diese Art Zeitschrift gekauft habe, seither auch nie wieder.

Ich, Peter Recknagel, wurde am 25. Oktober 1971 in Suhl (Thüringen) geboren. Schon in frühester Kindheit interessierte ich mich sehr für „Kampfsport“. Woher diese Neigung kam, war mir nie ganz klar, doch kann ich mich erinnern, daß ich manchmal alleine in den Wald gegangen bin, um an Bäumen Faust und Fußtechniken zu üben. Es gab nie irgendeine anleitende Literatur, geschweige denn einen Lehrmeister für Kampfsportdisziplinen aller Art. In dem Gebiet der damaligen DDR, in dem ich aufwuchs, gab es später nur eine Möglichkeit, sich in irgendeiner Kampfsportart zu betätigen – Ringkampf. Am Anfang sollte es sehr schwer sein, meinen Vater zu überzeugen, daß ich zum Training gehen darf. Die Gründe dafür waren, daß ich in der Schule nicht der Beste war und von der Statur – klein und schwach – nicht unbedingt als Ringkämpfer geeignet sei. Später aber entwickelte sich durch hartes Training eine gute Kondition, jedoch mußte ich aufgrund von gesundheitlichen Problemen (einseitige Muskelentwicklung im Rückenbereich) das Training nach einigen Jahren aufgeben. Ich sehnte mich immer noch danach, wirkliches Kampfsporttraining zu machen. Diese Möglichkeit gab es jedoch in der damaligen Zeit für mich nicht. Sobald ich nach der Wiedervereinigung in die Gegend von Frankfurt gezogen war, konnte mein erster Schritt nur sein, so schnell wie möglich in eine Sportschule einzutreten um mein lang ersehntes Training zu absolvieren. Später erkannte ich bei Trainingskameraden, daß Karate aufgrund der aufgetretenen Verletzungen auch nicht das Ziel sein konnte. Ich erfuhr von Qigong. Fasziniert von den Künsten der Shaolin Mönche, die durch die Beherrschung des Qigong erklärt wurden, fühlte ich mich sehr stark zu dieser Kunst hingezogen. Es gab mit Sicherheit Monate meines Lebens, in denen ich mich nach einem Leben in diesem Kloster gesehnt hatte. Als mir einst mein damaliger Trainingskamerad für alle Arten durcheinander praktiziertes Qigong, Akrobatik und Kampfsport den Tip gab, mir doch diese bezeichnende Zeitschrift einmal zu kaufen, in der dieser sogenannte Prüfbericht eines berühmten Qigong Meisters stehen würde, wurde mein Augenmerk auf den Artikel von Falun Gong gezogen.

Alles neu – alles anders – alles komisch. Mit diesen Worten kann man wohl meine ersten Eindrücke des Falun Gong beschreiben. Nicht mehr Tausende von verschiedenen Übungen, undurchsichtige Erklärungen und Anleitungen, sondern 5 Übungssätze, und die 5. Übung – zu meiner Faszination – im Lotussitz. Als ich dieses Bild des jungen chinesischen Schiffsmatrosen sah, der seelenruhig an Bord seines Schiffes im Lotussitz saß, war mir schon klar – DAS IST ES! Ich muß jedoch zugeben, daß ich die erste Zeit, in der ich den Lotussitz selbst probierte, große Zweifel hatte, es jemals zu schaffen, im Doppellotussitz zu sitzen. Ich kann mich noch erinnern, daß von großen Heilerfolgen von Meister Li die Rede war, von einer im Endstadium eines Krebsleidens geheilten Frau – von behobenen Lernstörungen eines Schulkindes. Dies hat mich jedoch nicht so fasziniert, da ich mich durchaus nicht krank fühlte. Mehr zog meine Aufmerksamkeit auf sich, daß da stand – „Die Essenz der taoistischen und buddhistischen Kultivierungsschulen“. Noch in der gleichen Nacht rief ich die beigefügte Telefonnummer an – Zhou Lei – die natürlich nicht zu Hause war. Ich schickte jedoch ein Fax in meinem zu diesem Zeitpunkt noch relativ schlechten Chinesisch, auf dem ich um einen Rückruf bat. So bahnte sich diese ganze Sache an.

Durch meine Neugier geweckt, besuchte ich den Videovortrag, der in Frankfurt veranstaltet wurde. Ich konnte die 9 Tage nicht durchgängig besuchen, da ich ja (wie z.B. jetzt) am Wochenende nachts arbeiten mußte. Noch immer konnte ich es zu diesem Zeitpunkt nicht abschätzen, wie profund und gut diese Sache sein würde. Auch von den Worten ZHEN – SHAN – REN hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt nichts gehört. Als ich während des Videovortrages einen jungen Herren, der äußerlich recht chinesisch aussah, wobei sich herausstellte, daß er eigentlich schwedischer Staatsbürger ist, der in Deutschland studiert, fragte, was diese 3 Zeichen eigentlich bedeuten, fragte er mich, ob ich schon mal von ZHEN SHAN REN gehört hatte. Mit meinen lapidaren Chinesischkenntnissen habe ich natürlich gleich geantwortet. Klar – Zhenshan – das ist ein Hemd (ein zu diesem Zeitpunkt mir bekanntes chinesisches Vokabel). Nachdem sich sein Gesicht wieder entspannt hatte, erzählte er mir von „Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht“, Worte, die meine Zukunft nachdrücklich markieren sollten. Mich wunderte auch sehr stark, es gab hier einen Videovortrag, doch niemand kassierte Eintritt. Dieser Fakt erzeugte anfangs genauso viel Zweifel wie Begeisterung. Konnte es noch etwas auf dieser Welt geben, das nicht mit dem Ziel verbreitet wird, viel Geld zu verdienen und Leute an jahrelange Verträge zu binden? Es stellte sich heraus, daß es so etwas geben kann – FALUN GONG. Später erwarb ich das Buch „Zhuan Falun“, das ich mehrmals durchlas und das mich sehr faszinierte. Mit dem Verstehen eines Problems tauchte eine neue Frage auf, es waren wirklich viele Fragen …

Ein paar kurze Worte zu dem, was ich die Woche über so tue. Ich bin Student der Sinologie (Chinesisch) an der Johann Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt. Die Frage, die mir schon so oft gestellt wurde: Wieso studierst Du chinesisch (es gibt in meinem gesamten Bekanntenkreis niemanden, der ähnliches tat) konnte ich nie so richtig beantworten. Jetzt kann ich es: Es sollte eben so sein. Ich kann mittlerweile „Zhuan Falun“ auf chinesisch lesen, wobei ich zugeben muß, viele Zeichen noch lernen zu müssen. Es scheint mir durchaus denkbar, wie auch von einigen Chinesen in China behauptet wurde, daß dies direkt mit dem Falun Gong in Beziehung steht und vielleicht von Meister Li schon langfristig organisiert wurde. Ich halte diese Meinung für durchaus denkbar und nicht für Aberglauben.

Gleichzeitig befand ich mich jedoch in dem Gedankenkonflikt, plötzlich alles andere vorher praktizierte aufzugeben und mich nur noch dieser Sache zu widmen. Ich hatte einen sehr starken inneren Drang, sofort mit dem alten praktizierten aufzuhören, doch es dauerte noch ein paar Wochen, bis ich ausgerechnet dem, der mir empfahl, diese Zeitschrift zu kaufen, sagen zu wagte, ich möchte nicht mehr all die alten Sachen machen, es gibt etwas neues für mich. Ich wollte meinen Freund auch nicht verletzen. So trafen wir uns noch ab und zu, um zu reden, jedoch wußte ich schon, ich habe da etwas sehr sehr gutes gefunden und werde dies auch weiterhin zu einem Kernpunkt meines Lebens machen.

Mit der Zeit tauchte noch ein anderes Problem auf. Personen aus meinem engsten täglichen Familienleben konnten nicht verstehen, von was ich rede. Durch das mehrmalige Lesen des Buches waren mir schnell einige Dinge klar, die für einen „normalen“ Menschen sehr komisch klingen. So war ich auch von Zeit zu Zeit dem Spott anderer Menschen ausgesetzt und bin es bis heute. Ich werde von Zeit zu Zeit gefragt, wann ich wieder ein normaler Mensch werden würde. Konnten sie vielleicht diesen normalen Menschen meinen, der täglich voller Spannung die Aktienkurse nachschaut, sich von Zeit zu Zeit dem Alkohol ergab und sich mit Begeisterung Filme über Mord und Totschlag, Sex und Kriminalität anschaute? Ich bin der Meinung, daß man auf diese Art „normalen Menschen“ nicht sehr stolz sein kann, geschweige denn, dorthin zurückkehren sollte.

Seit einigen Wochen spüre ich eine feine und starke Strömung in meinen Handflächen, die nur durch das Praktizieren des Falun Gong entstanden sein konnte. Dieses Gefühl ist sehr schön und gibt mir viel Zuversicht, daß alles, was in „Zhuan Falun“ steht, wahr ist. Auch hatte ich vor dem Gebäude der Frankfurter Uni einen Zusammenstoß mit einem Radfahrer, der so heftig war, daß sich der Radfahrer neben mir überschlug und zu Boden fiel. Nach der Schrecksekunde war mir plötzlich klar, daß mir gar nichts passiert war, der Radfahrer jedoch noch einige Zeit auf der Erde saß, bevor er wegfuhr.

Eine Prüfung der Xinxing (die geistige Natur) sollte sich während eines Managerbanketts zutragen. Ich verbrachte 3 Tage meines Chinaurlaubes in Shanghai und traf dort sehr hohe und einflußreiche Manager der Firma, für die ich arbeite. Aufgrund meiner Bewerbung für eine Arbeit in China, um meine Sprache zu verbessern, konnten diese Leute erheblichen Einfluß auf das Ergebnis dieser Bewerbung haben. Während des Essens wurde ich plötzlich von einem chinesischen Manager aufgefordert, mit ihm ein Glas Alkohol zu trinken. Da ich mir zum Ziel gesetzt hatte, keinen Alkohol mehr zu trinken, hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon ca. 4 Monate lang keinen Tropfen Alkohol mehr zu mir genommen. Er versuchte ziemlich energisch, mich zumindest zu einem Tropfen zu überreden. Der gedankliche Konflikt in meinem Kopf, auf der einen Seite wollte ich diesen Manager nicht vor den anderen bloßstellen, auf der anderen Seite wollte ich nicht meine Ideale aufgeben, wurde immer schwieriger. Letztendlich konnte ich mich jedoch durchsetzen und mußte dafür ein Glas Mineralwasser mit einem Mal austrinken. Dies sollte noch mehrmals an diesem Abend passieren, doch ich war ein wenig stolz auf mich, diese Prüfung „bestanden“ zu haben. Als ich meinen Falun Gong Freunden aus Shanghai am nächsten Tag davon erzählte, waren sie auch froh, daß ich mich nicht zu dem Alkohol überreden lies.

Ich habe seit dem letzten Jahr begonnen, zu verstehen, worum es im Leben geht. Ich habe verstanden, daß mir ein großes Werk in den Händen liegt, das mir sowohl alle meine Fragen beantworten kann als auch die Anleitung für die eigene Entwicklung nach oben, zurück dorthin, von wo man einst kam, ist. Ich habe während meines knapp 3-wöchigen Chinaaufenthalts zu spüren bekommen, wie wahrhaftig, ehrlich und nachsichtig Menschen sein können. Auf all meinen Wegen in China war ich nie allein, und es wurde sich sehr liebenswert um mich und meinen Freund gekümmert. Es ist jetzt 3.45 Uhr nachts, und ich bin froh, den Artikel während der Zeit fertig schreiben zu können, in der ich einst Seiten einer Zeitschrift laß, die mich dazu veranlaßte, Schüler eines großen Weges zu werden, Schüler eines von Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht geprägten Weges, Schüler von FALUN DAFA.

Mai 1998

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