Deutschland/Dortmund: "Komm, wir unterschreiben auch"

Der Nachmittag des vierten Juni in Dortmund ist ein heißer Frühsommertag. 29° Celsius zeigt das Thermometer, dazu Sonnenschein und blauer Himmel. Am südlichen Teil des Platzes vor der Reinoldikirche, bei der Einmündung der Einkaufsstraße Westenhellweg, haben Händler ihre Stände aufgebaut. Getrocknete Wildaprikosen aus der Türkei sind bei einem Stand zu finden, daneben wird Vanille- und Schokoeis angeboten. Dazu Säfte, Süßigkeiten und Obst – die Händler sind auf den Frühsommertag vorbereitet – und auf den Menschenstrom, aus dem Westenhellweg.

Eigentlich deutet alles auf einen ruhigen Einkaufsnachmittag in der größten Stadt im Ruhrgebiet hin. Doch auf der anderen Seite des Platzes, vor der Kirche, im Schatten der Platanen, sind erschreckende Plakate zu sehen: „Geheime Todeslager in China – Organraub bei 41.000 Falun Gong Praktizierenden“ ist da zu lesen. Unmittelbar daneben: „SOS – Stoppt die Verfolgung“. Falun Gong Praktizierende haben dort einen Infostand aufgebaut und verteilen Flyer. Und immer wieder bleiben Passanten aus dem Menschenstrom stehen und unterschreiben eine Petition zur Beendigung der Verfolgung.

Immer lauter wird die Musik einer herannahenden Kapelle aus dem Westhellweg. Mit der Europa Hymne „Ode an die Freude“ zieht das rund 80 Personen starke Ensemble der Tianguo Marching Band auf den Platz vor der Reinoldikirche ein. Blaue Shirts und Käppis, weiße Hosen und Handschuhe, Trommeln, Flöten, Trompeten und eine lächelnde Stabsführerin. Unmittelbar neben dem Infostand stellt sich die Kapelle in Reih und Glied auf.

Zwischen den Musikern und dem Infostand tritt ein Mann im grauen Nadelstreifenanzug hervor – Moderator Carsten Bornemann eröffnet die Veranstaltung. „Wir wollen mit der Band die Schönheit von Falun Gong zeigen, schöne, aufrichtige Musik“ sagt er, bevor die Musiker zum Stück „Fa Zheng Qian Kun“, zu deutsch „das Fa berichtigt das Universum“ ansetzen.

Mit Panzern und Maschinengewehren habe die kommunistische Partei Chinas am vierten Juni 1989 für Freiheit demonstrierende Studenten niedergeschlagen, so Bornemann. Wie die Studenten vor 22 Jahren werde heute Falun Gong verfolgt. Obwohl er im Schatten der Bäume spricht stehen ihm Schweißperlen auf der Stirn: „Die Verfolgung ist diesmal nur geheim und dazu noch grausamer. Allein die Todeslager zum Organraub an Lebenden!“ Laut einem Bericht von zwei Anwälten werden in China Falun Gong Praktizierende in Lagern gehalten, um deren Organe zu verkaufen. Die Opfer werden dabei nur betäubt und sterben an den Folgen der Transplantation, so die Aussage der Ehefrau eines Arztes der jahrelang derartige Transplantationen durchführte.

Bornemann übergibt das Wort an die chinesische Exil-Schriftstellerin (Anmerk. d. Red.: der Name wird aus Sicherheitsgründen nicht genannt).Die zierliche, kleine Chinesin ist nach eigener Aussage keine Falun Gong Praktizierende sondern eine Sympathisantin von Falun Gong. „Solange das kommunistische Regime existiert, gibt es keine Freiheit“, sagt sie zu den beobachtenden Passanten. „Die kommunistische Partei Chinas ist eine Bedrohung für die ganze Welt.“ Mit viel Geld kaufe sich die KP Chinas Medien im Westen, um die hiesige, öffentliche Meinung zu beeinflussen. Doch im Interview wird die zuvor resolute Dame ruhiger: „Wissen Sie, ich habe Angst.“ gesteht sie. „Die Kommunisten haben meine Verwandten in China bedroht und stecken hier in Deutschland hinter einem Anschlag auf meinen Mann.“

In einem Halbkreis haben sich die Passanten um Redner Band und Infostand aufgestellt. Viele von ihnen haben eine klare Meinung: „Das ist erschreckend, was in China los ist“ meint ein Mann in den Vierzigern zu seiner Frau. Eine junge Dame in Sommerkleidern verfolgt gespannt die Rede eines Folteropfers von Falun Gong. Als dieser fertig ist, zupft sie ihren Freund am Ärmel und deutet auf den Infostand, wo die Unterschriftenlisten zur Beendigung der Verfolgung von Falun Gong in China ausliegen: „Komm, wir gehen auch unterschreiben“, sagt sie.

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