NZZ (CH): Verhaftung eines chinesischen Dissidenten

us. Peking, 27. November

Die in New York ansässige Menschenrechtsorganisation «Human Rights in China» hat am Mittwoch verlauten lassen, dass der chinesische Dissident Zhao Changqing wegen der Verbreitung eines Briefes, in welchem er die Delegierten des vor zwei Wochen in Peking über die Bühne gegangenen 16. Parteitags der KPC zu einer Revision des Urteils über die Proteste von 1989 aufgerufen hatte, verhaftet worden ist. Zhaos Schreiben soll von 192 weiteren politischen Aktivisten in 17 Provinzen und Städten unterzeichnet worden sein. Zhao soll sich vor Beginn des Parteikongresses von seinem Wohnort in der nordchinesischen Stadt Xian entfernt haben, um sich einer möglichen Verhaftung zu entziehen. Er wurde jedoch von der Polizei bei Freunden aufgespürt. Im Umfeld des Parteikongresses hat die offensichtlich besorgte Obrigkeit nicht nur in der Kapitale, sondern auch landesweit alles unternommen, um jegliche auch nur denkbare Störung zu unterbinden. Laut «Human Rights in China» wurden im Vorlauf zum Parteitag zahlreiche politische Aktivisten verhaftet, von denen sich einige noch immer in Haft befinden sollen. Der heute 34-jährige Zhao hatte 1989 als Student an den blutig unterdrückten Demonstrationen für die Herstellung der Demokratie in China teilgenommen. Für diese Aktion musste er sechs Monate ins Gefängnis. 1998 wurde er wegen der «Störung der öffentlichen Ordnung» zu drei Jahren Haft verurteilt. Sein «Vergehen» bestand darin, dass er sich an den Wahlen zu einer örtlichen Volksvertretung in der Provinz Shaanxi beteiligt hatte.

Am Dienstag hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International China aufgefordert, über 30 Personen freizulassen, die wegen Informationsaustauschs und kritischer Meinungen im Internet verhaftet worden waren. In den letzten Monaten hatten die Behörden die Kontrolle des Internetzugangs verschärft. Ein Brand in einem Internet-Café in Peking, bei dem 24 Personen umkamen, wurde zum Anlass genommen, rund die Hälfte aller Internet-Cafés zu schliessen. Experten nehmen an, dass sowohl die rasche Verbreitung des neuen Mediums wie auch die fortlaufende technologische Innovation eine rigide Kontrolle auf Dauer verunmöglichen werden. Dies könnte auch zum unverhältnismässig scharfen Durchgreifen Anlass gegeben haben. Laut Amnesty International soll es sich bei einigen der Verhafteten um Angehörige von Falun Gong handeln. Zwei Aktivisten dieser Bewegung sollen als Folge von Folter und Misshandlungen in der Haft gestorben sein.

Neue Züricher Zeitung; 2002-11-28

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