Geschichten aus dem alten China: Kaiserin Ma Mingde, die erste Dame des Landes

„Ein richtiger Mann sollte auf dem Schlachtfeld an der Grenze sterben, wenn er sein Land verteidigt, sein Körper soll in Pferdeleder gehüllt heimgeschickt werden.“ Das sind die berühmten Worte des Generals Ma Yuan. Er war ein sehr berühmter General in der Östlichen Han Dynastie. Er tat viel, um dem Lande China unter dem Kaiser Li Xiu Frieden zu bringen; aber da er Liang Song, den Lieblingsschwiegersohn des Kaisers, beleidigte, als dieser starb, bekam er nicht einmal ein angemessenes Begräbnis.

Bald nach dem Tod General Ma Yuans starb auch sein kleiner Sohn. Seine Frau konnte den doppelten Verlust nicht verkraften und wurde geistig labil. Die Tochter Ma Yuans war damals erst 13 Jahre alt; aber sie machte sich mutig daran, für die ganze Familie zu sorgen. Sie konnte nicht nur kleine und größere Hausarbeiten verrichten, sie war auch befähigt, wie eine Erwachsene bei allen Anlässen, die Familie zu repräsentieren.

Im Jahre 52 nach Christus wurde sie im Alter von 13 Jahren erwählt, an den Hof von Liu Zhang, den Kronprinzen, zu gehen. Als sie den Palast betrat, wurde ihr die Aufgabe übertragen, der Kaiserin Yin zu dienen. Sie behandelte alle Menschen um sich her mit großer Anteilnahme, Achtung und guten Manieren, und so wurde sie allmählich bei allen beliebt. Im Jahre 57 wurde Liu Zhuang Kaiser und ernannte sie zu seiner kaiserlichen Konkubine. Im Jahre 60 war er dabei, sich eine Kaiserin auszuwählen und fragte seine Mutter, Kaiserin Dowager Yin, um Rat. Diese antwortete: “Die kaiserliche Konkubine Ma ist die Tugendhafteste unter all deinen Frauen. Du solltest sie erwählen.“ Da ernannte der Kaiser Ma zu seiner Kaiserin.

In der Geschichte ist sie als Kaiserin Ma Mingde bekannt. („MA“ bedeutet klar und „DE“ bedeutet Tugend).

Kaiserin Ma war nicht nur tugendhaft sondern auch gelehrt. Sie beherrschte das ganze Buch „Buch der Wandlungen“ auswendig und kannte auch viele klassische Werke von Konfuzius: Frühling- und Herbst- Aufhebung, Chu Ci und Zhou Li. Später schrieb sie ein Buch mit dem Titel “Anmerkungen zum Leben eines Xian Kaisers.“

Kaiserin Ma war von Natur freundlich gesinnt. Sie war bescheiden, einfach und strebte nicht nach Vergnügungen und Bequemlichkeit. Sie war freundlich zu jedermann. Sie trug immer Baumwollkleider. Außer bei offiziellen Staatsangelegenheiten trug sie nie teure Seidenkleider. Die anderen Konkubinen des Kaisers achteten und bewunderten sie.

Sie war eine Frau, die mit vielen Tugenden und Talenten gesegnet war. Wenn sie sich auch nicht in die Staatsangelegenheiten mischen wollte, so hatte sie doch eine scharfsinnige Beurteilungskraft. Im Jahre 70 plante Liu Ying, der Duke von Chu und Halbbruder des Kaisers, den Kaiser zu überwinden und den Thron zu übernehmen. Als das Komplott entdeckt wurde, brachte der Kaiser es nicht über sich, ihn hinzurichten. Er nahm ihm nur seine Titel und befahl ihm, nach Danyan zu gehen, der heutigen Provinz Anhui. Liu Ying verübte Selbstmord, als er in Danyan angekommen war. Da merkte der Kaiser, dass die Rebellion von Liu Yings Gefolge angezettelt und ermutigt worden war und befahl, diese Leute festzunehmen. Viele Menschen waren darin verwickelt.

Einige tausend Beamte wurden festgenommen und an entfernte Orte geschickt. Viele Beamte drängten den Kaiser, mit der Hexenjagd aufzuhören, aber er wollte nicht hören. Als die Kaiserin erfuhr, dass die große Mehrheit der Festgenommenen unschuldig war, war sie sehr beunruhigt. Als der Kaiser sie eines Tages besuchte, drängte sie ihn, den Umfang der Untersuchungen nicht mehr zu erweitern. Sie sah so traurig aus, dass der Kaiser sehr gerührt war. Im Februar des Jahres 72 gewährte er dem ganzen Land Amnestie. Menschen, die Verrat begangen hatten, waren gewöhnlich bei einer Amnestie nicht eingeschlossen. Kaiser Liu Zhuang machte eine Ausnahme und verzieh auch ihnen. Ein großer Fall, der mit dem Tod vieler unschuldiger Menschen hätte enden können, wurde schnell zum Ende gebracht. Der Kaiserin Ma wurde eine Menge Verdienst an dem schnellen und wohlwollenden Ende der Angelegenheit zugesprochen.

Von da an merkte der Kaiser, dass die Kaiserin viel einmaliges und einsichtsvolles Verständnis für die politischen Angelegenheiten des Landes hatte. Sie hatte die Fähigkeit, die ganze Lage vernünftig zu analysieren und zog viele verschiedene Dinge in Betracht. Wenn er Dingen begegnete, die er nicht so leicht lösen konnte, fragte er oft die Kaiserin um Rat. Sie bat ihm einsichtsvolle Analysen und konstruktive Lösungen an. Der Kaiser nahm ihren Rat ernst und nahm viele ihrer Vorschläge an, die eine Reihe von Lücken, die das Land hatte, schlossen. Obgleich Kaiserin Ma so viel Anerkennung vom Kaiser erhielt, versuchte sie doch nie, zugunsten ihrer Familienangehörigen zu sprechen. Sie sprach nicht einmal über die Ungerechtigkeit, die ihr Vater erduldet hatte. Obgleich sie sehr traurig darüber war, brachte sie die Sache nie zur Sprache und der Kaiser achtete sie darum umso mehr.

Kaiserin Ma hatte keine eigenen Kinder. Als die königliche Konkubine Madam Jia ihm einen Sohn geboren hatte, gab er diesen Infanten an die Kaiserin Ma. Der Junge wurde Liu Dan genannt. Als Liu Zhuang diesen Sohn der Kaiserin in die Arme legte, sagte er etwas, um sie zu trösten: “Nicht alle Frauen auf der Welt können Kinder kriegen. Man sollte nicht nur die Kinder, die sie geboren hat, wie ihre eigenen behandeln. Solange Du ihn freundlich und liebevoll behandelst, wird dieses Kind, das von einer anderen Frau geboren wurde, dein eigener kindlicher und ergebener Sohn sein.“

Kaiserin Ma ergab sich der Pflege des Liu Dan. Wenn sie auch eine Menge Dienerinnen im kaiserlichen Palast hatte, so sorgte sie ganz allein für den Jungen und erschöpfte sich dabei selbst. Die Menge an Fürsorge und mütterlicher Liebe, die sie dem Knaben beim Heranwachsen zukommen ließ, übertraf das, was andere Konkubinen ihren eigenen Kindern gaben. Kaiserin Ma und Liu Dan standen sich sehr nahe.

Im Jahre 75 starb Kaiser Liu Zhuang. Liu Dan, der Kronprinz, bestieg den Thron. Er nannte die Kaiserin Kaiserin Dowager. Er wusste, daß sie nicht seine richtige Mutter war; er wusste aber auch, wie viel Liebe sie ihm in all den Jahren gegeben hatte und betrachtete sie im Herzen als seine leibliche Mutter. Als er Kaiser geworden war, behandelte er seine leibliche Mutter, Madam Jia, nicht besonders. Madam lebte für den Rest ihres Lebens als eine der vielen königlichen Konkubinen des ehemaligen Kaisers im kaiserlichen Palast. Auch ihre Familie wurde nicht besonders geehrt oder anerkannt.

Ein Jahr nach Liu Dans Thronbesteigung brach eine große Dürreperiode aus. Gewisse königliche Beamte wollten bei dieser Gelegenheit Kaiserin Dowager Mas Familie schmeicheln. Sie erzählten dem Kaiser, dass die Trockenheit gekommen sei, weil Mas Familie nicht genügend geehrt worden sei und drängten ihn, die Brüder der Kaiserin Dowager Ma zu Marquis zu erheben. Diese aber weigerte sich, diese Forderung zu gewähren. Sie schrieb ein Edikt mit harten Worten und lehnte die Forderung ab. Als der Kaiser das Edikt las, war er sehr bewegt.

Er sagte zu seiner Mutter: “Die Han Dynastie ist sehr wohlhabend. Wenn ich meine Onkel ehre, ist das genauso, als wenn ich meinen Sohn zum Duke ernenne. Das habe ich vor. Du bist so bescheiden. Möchtest Du, dass ich ein Kaiser bin, der nicht den angebrachten kindlichen Respekt gegen seine Onkel zeigt? Einer meiner Onkel ist schon älter, zwei von ihnen sind krank. Wenn ihnen etwas zustößt, ehe ich ihnen einen Titel gegeben habe, werde ich das bis ans Ende meines Lebens bereuen. Wir sollten einen angemessenen Zeitpunkt finden, sie zu ehren und sollten nicht zu lange damit warten.“

Kaiserin Dowage Ma antwortete: “Ich habe darüber lange genug nachgedacht. Ich möchte nicht den Ruf haben, bescheiden zu sein, wenn das dem Ruf meines Sohnes schadet. Es ist nur so, daß die Ma- Familie dem Land keinerlei Beiträge geleistet hat. Nun haben wir eine Dürre und die Menschen leiden. Wenn wir jetzt meine Familie ehren, dann ist das gegen meinen Wunsch und zeigt keinen kindlichen Respekt gegen mich. Wenn Du sie ehren möchtest, dann warte, bis das Wetter wieder gut ist und an den Grenzen wieder Ruhe herrscht.“

Vier Jahre nach der Thronbesteigung von Liu Dan erfreute sich das Land eines guten Wetters, und es gab eine ausgezeichnete Ernte. An den Grenzen war es auch ruhig. Da verlieh der Kaiser seinen drei Onkeln den Titel eines Marquis.

Als Kaisern Dowager Ma davon erfuhr, meinte sie, dass die Menschen nicht gierig sein sollten und sie wollte nicht, dass ihre Brüder zu großen Einfluß am kaiserlichen Hof nehmen könnten. Als sie den Titel Marquis angenommen hatten, gaben sie ihren Posten als Beamte auf und nahmen auch nicht mehr an den politischen Angelegenheiten des Landes teil. Während der Östlichen Han Dynastie starben viele Kaiser in jungen Jahren. Sie hinterließen sehr junge Söhne als Thronerben. Die meisten der Jungen der Kaiserin Dowager, verließen sich auf ihre eigenen Familien, um das Land zu regieren, und das ergab eine Reihe von Trauerspielen.

Kaiserin Dowager Ma machte da die einzige Ausnahme. Sie lernte aus der Geschichte und verbot ihrer Familie, zu viel Macht zu haben. Sie lebte ihr Leben lang bescheiden, einfach und maßvoll. Sie war sehr gelehrt und hatte einen scharfen Verstand. Sie starb mit 41 Jahren im Jahre 79. Sie leistete viele Beiträge zur Regierung ihres Mannes und ihres Sohnes. „Berichte über aufrichtige Frauen Teil 2“ lobt sie folgendermaßen: „Als junges Mädchen, noch ehe sie heiratete, war sie bereits für alle jungen Mädchen ein Vorbild. Als Mutter des Landes war sie ein Vorbild für alle Kaiserinnen.“

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