Die Geschichte über eine Eule, die eine tote und verweste Maus schätzt

Zhuangzi und Bianji waren gute Freunde. Sie waren beide außergewöhnliche und gebildete Leute. Dennoch unterschieden sie sich in vielerlei Hinsicht. Zhuangzi interessierte sich nicht sehr für Ansehen und Wohlhaben, während Bianji Premierminister war und seine Stellung in der Gesellschaft schätzte. Zhuangzi glaubte, dass erleuchtete Menschen das Streben nach Wohlhaben, Ruhm und Gewinn, sowie nach Macht aufgeben sollen. Er war der Meinung, dass das Streben nach diesen Dingen den Menschen in dem großen Farbtopf der gewöhnlichen Gesellschaft verschmutze. Deshalb nahm sich Zhuangzi vor, Bianji aufzusuchen und ihn davon zu überzeugen, seine Machtposition aufzugeben und stattdessen mit ihm durch die Welt zu reisen.

Als Bianji erfuhr, dass Zhuangzi kommen wollte, war er beunruhigt. Er dachte, dass „Zhuangzi ein viel gebildeterer Mann sei als er, wahrscheinlich würde er versuchen, ihm sein Land wegzunehmen. Ob er um den Premierministerposten kämpfen wollte?” Aus Angst befahl Bianji bei seiner Ankunft, Zhuangzi verhaften zu lassen. Zhuangzi war sehr überrascht, schaffte es jedoch zu fliehen. Als er Bianji schließlich sah, schaute er ihm direkt in Augen und ging auf ihn zu.

Bianji war üppig gekleidet, Zhuangzi hingegen trug sehr einfach Kleidung. Doch kümmerte es Zhuangzi nicht. Als Bianji fragte, weshalb er gekommen war, antwortete Zhuangzi: „Lass mich Dir eine Geschichte erzählen: Es gab einmal einen sehr edlen Vogel namens Heiliger Kranich, der sich ausschließlich in einem Phönixbaum aufhielt und dessen Blätter aß. Kein anderer Vogel war so edel wie er. Jedes Jahr flog der Heilige Kranich den ganzen Weg von den Bergen im Nordwesten an die Ostküste. Eines Tages, als er eine Grasslandschaft überflog, sah er, wie eine Eule eine tote, halbverweste Maus aß. Der Eule schmeckte diese Maus vorzüglich. Als die Eule den Heiligen Kranich sah, fühlte sie sich bedroht und klammerte sich an der toten Maus fest. Sie schrie auf zum Kranich: „Wehe du wagst es, meine tote Maus zu stehlen!“

Zhuangzi fragte Bianji ernsthaft: "Hast du etwa wirklich gedacht, dass ich Deine tote verweste Maus haben will?” Bianji verstand sofort und neigte seinen Kopf voller Scham.

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