Noch ein Leserbrief an die FAZ

Chinas Medien und die Selbstverbrennungen
Von Petra Kolonko

Sehr geehrte Redakteure,

ich habe den obengenannten Artikel aus Ihrer Zeitung gelesen, und bin enttäuscht darüber, wie Ihre renommierte Zeitung einen so schlecht recherchierten Artikel veröffentlichen kann. Nachdem ich im folgenden die Tatsachen über die Falun Gong diffamierende „Selbstverbrennung“ aufführen werde, wird sich für Sie die Frage stellen, ob Ihre Mitarbeiterin, Frau Kolonko, noch als unabhängige und überparteiliche Journalistin tätig ist oder bereits von der chinesischen Propaganda beeinflusst keine objektive Berichterstattung mehr an die deutschen Medien weiterleiten kann.

Dem Artikel liegt eine Filmdokumentation des chinesischen Fernsehens CCTV zugrunde. Es ist daher irreführend, wenn es als ein „von der Sekte herausgegebenes Videoband“ bezeichnet wird. Tatsächlich wird das offizielle Filmmaterial aber sehr genau analysiert. Ich würde Sie daher dringend bitten, sich dieses offizielle Video selber anzuschauen, um die folgenden Beobachtungen selber zu beurteilen.

In dem Video werden sowohl Fern- als auch Nahaufnahmen gezeigt. Die Nahaufnahmen kommen von einem in der Nähe stehenden Kameramann. Wie kann ein Kameramann zufällig und von der Polizei unentdeckt in der Nähe von dieser Szene, mit einer in Bereitschaft stehenden Kamera eine Handlung filmen, die nur wenige Sekunden dauert? Es sei denn, er war darauf vorbereitet, dass er eine Szene filmen sollte. Für einen Kameramann geht er darüber hinaus sehr langsam auf das Geschehen zu, anstatt schnell zu laufen, obgleich die Flammen und die Rauchentwicklung eher etwas Sensationelles darstellen. Wie kann er so ruhig und besonnen bleiben, es sei denn, er wusste schon vorher, was kommen würde.

Im zweiten Absatz wird geschrieben, dass ein Überlebender sagte, er habe mit dem Einsatz seines Lebens zeigen wollen, dass Falun Gong gut sei. Dazu sollten Sie nun wissen, dass es bei Falun Gong streng verboten ist, andere oder sich selbst zu töten. In dem Buch „Zhuan Falun“ schrieb der Begründer von Falun Gong, Herr Li Hongzhi:

„Das Töten ist eine sehr empfindliche Frage. Wir stellen an die Praktizierenden auch relativ strenge Anforderungen, Praktizierende dürfen nicht töten. Ganz gleich ob im buddhistischen oder daoistischen System oder bei den sonderbaren Schulen, und auch ganz gleich in welcher Schule oder Richtung, solange sie orthodoxes Fa kultivieren, betrachten sie das für absolut, dass nicht getötet werden darf, dies ist sicher.“(Zhuan Falun, Kapitel 7)
Ist der Überlebende wirklich ein Falun Gong Praktizierender? Falun Gong steht für die Kultivierung des Lebens, nicht für das Beenden von Leben. Die Lebenszeit, die man hat, ist beim Falun Gong kostbar, um sich selbst zu kultivieren und weiterzuentwickeln. Wieso sollte man als Praktizierender durch ein vorzeitiges (Selbst-) Töten diese Kultivierung vorzeitig beenden? Bitte lassen Sie Praktizierende zunächst etwas über die Lehre von Falun Gong berichten, bevor Sie sie fragen, ob sie so etwas tun würden. Ich versichere Ihnen, keiner, der inhaltlich etwas über die Lehre von Falun Gong berichten kann, würde je auf die Idee kommen, dass eine Selbstverbrennung im Zusammenhang mit Falun Gong stehen könnte. Der Überlebende, der das gesagt hatte, mag irgendeine Absicht gehabt haben, aber er kann kein Falun Gong Praktizierender sein.

Eine weitere Frage stellt sich über die drei großen Feuerlöscher, die die Polizisten in der Hand halten. Normalerweise tragen Polizisten auf dem Tiananmen-Platz keine Feuerlöscher mit sich. Nun haben drei Polizisten gleichzeitig (!) einen Feuerlöscher in der Hand. Woher kommen die Feuerlöscher, wenn man davon ausgehen kann, dass so eine Selbstverbrennung nur wenige Augenblicke dauert? Auf dem Tiananmen-Platz gibt es keine Feuerlöscher. In der Volkskongresshalle gibt es welche, aber wie können in der kurzen Zeit drei Polizisten mit drei Feuerlöschern gleichzeitig an Ort und Stelle sein? In den IVECO-Polizeiwagen gibt es standardmäßig nur kleine Feuerlöscher. Man kann in den wenigen Sekunden nicht gleichzeitig drei Feuerlöscher vor Ort haben – keiner der Polizisten rennt zu der brennenden Frau, sondern alle stehen schon bereit -, es sei denn, man war vorbereitet und hatte die drei großen Feuerlöscher schon vorher bereitgestellt. Wieso löschen die drei Polizisten aber nicht getrennt die anderen brennenden Menschen sondern nur die eine brennende Frau, die zudem genau in jenem Moment wie vom Blitz getroffen zu Boden fällt, als die Löschwolken sie ganz umgeben und den Blick für die Kamera verbergen?

Eine Person, die bei einer Verbrennung zunächst in Ohnmacht fällt, stürzt außerdem nicht so plötzlich zu Boden. Ich schlage an dieser Stelle vor, dass Sie sich auch bei einem Rechtsmediziner über den Vorgang informieren. In der Forensik ist der Ablauf mit dem plötzlichem Sturz nicht typisch für einen Tod durch Selbstverbrennung sondern für einen Tod durch äußere Krafteinwirkung. Zumal der fliegende Gegenstand zur selben Zeit im Bild auftaucht. Abgesehen davon müsste eine Selbstverbrennung ohne Schutzkleidung soviel Schmerzen verursachen, dass die brennende Frau rennt oder zu Boden fällt, aber nicht so ruhig geht. Auch hier verweise ich auf weitere Informationen bei Filmdarstellern für gefährliche Situationen, sogenannten Stuntmen, die Kenntnis in kontrollierten „Selbstverbrennungen“ und entsprechendem Körperschutz haben.

Man muss sich auch wundern, warum der Polizist mit dem Feuerlöschteppich erst abwartet, bis der brennende Mann seine Worte über Falun Gong ausspricht und erst danach die Löschdecke über seinen Kopf legt.

Leider verwendet Frau Kolonko auch immer wieder Begriffe wie „Sekte“ oder „gefährliche Fanatiker“. Mehrere Sektenbeauftragte der Kirchen, Professoren und Menschrechtsbeauftragte haben sich bereits dazu geäußert, dass bei Falun Gong keine Sektenstrukturen vorliegen und bestimmte Kriterien, die eine Sekte beschreiben, für Falun Gong verneint werden müssen.
Falun Gong vereint traditionelle chinesische Kultur, wie sie in Lao Tse, Buddha oder Konfuzius ihren Höhepunkte in der chinesischen Kultur gefunden hatte. Wie kann man eine Bewegung mit 100 Millionen Praktizierenden als eine Sekte bezeichnen. Einige Kirchen haben weniger Mitglieder, verlangen Kirchensteuer, führen ein Namensregister der Gemeindemitglieder, nehmen Spenden an, drohen mit Exkommunizierung etc. All dies trifft bei Falun Gong nicht zu. Man kann Falun Gong nicht „beitreten“, so kann man auch jederzeit wieder mit den Übungen aufhören, ohne jemals „austreten“ zu müssen. Wenn man Falun Gong immer wieder als Sekte bezeichnet, wie sollen denn dann die offiziellen Kirchen bezeichnet werden. Mit welchen rationalen und analytischen Bewertungen will man hier differenzieren und eine Grenze zu den Kirchen ziehen? Sicherlich erscheint uns im Westen, wo wir durch das Christentum viele gute Antworten gefunden haben, der buddhistische-taoistische Kultivierungsweg neu und ungewohnt. Aber kein Naturwissenschaftler hält mit seinen Nachforschungen inne, wenn er auf ein unbekanntes Terrain stößt. Ein Wissenschaftler forscht erst gründlich nach, bevor er beurteilt oder gar diskreditiert. Wieso wird in den Medien nicht gründlich über Falun Gong recherchiert. Ich kann Ihnen nur anbieten, wenn der objektive Informationsfluss aus China durch die staatliche Zensur nicht gewährleistet ist, dann können Sie sich gerne bei den in Deutschland lebenden Falun Gong Praktizierenden informieren.

Ich bedauere, dass Frau Kolonko ihrem Artikel, der durchaus auch fundiert recherchierte Passagen enthält, eine negative Sekteneinfärbung gibt. Sicherlich ist Ihnen nicht entgangen, dass der Artikel Falun Gong in einem schlechten Licht erscheinen lässt. Das kann man als Meinungsfreiheit sicherlich tolerieren, doch erstaunt es mich, dass das Ereignis der Selbstverbrennung als Aufhänger für diese Einschätzung benutzt wird, weil hier objektiv gesehen eine inszenierte Aktion vorliegt. Und diese Aktion ist von den staatlichen Urhebern der Verfolgung durchgeführt worden.

Ich möchte Ihnen zum Schluss, sofern das möglich ist, noch mal in wenigen Worten beschreiben, was Falun Gong bedeutet: Beim Falun Gong kultiviert man Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht in der Art, dass man versucht nach eigenem Können, diese Eigenschaften in sein tägliches Leben zu integrieren und danach zu leben. Das sind durchaus auch christliche Werte. In der Kultivierung lernt man, wie man diese Werte umsetzen kann.

Ich freue mich über eine Stellungnahme Ihrerseits. Ich würde es auch begrüßen, wenn Sie meinen Brief als Leserbrief zur Richtigstellung des Artikels von Frau Kolonko in Ihrer Zeitung veröffentlichen oder den Kontakt zu den Praktizierenden in Deutschland herstellen würden, um einen gerechten Bericht über Falun Gong zu schreiben. Denn bei all diesen Worten sollte man nicht vergessen, dass genau in diesem Augenblick viele Praktizierende gefoltert werden und schon mindestens 350 Praktizierende in China durch Folter getötet wurden.

Vor diesem Hintergrund erscheint der Artikel von Frau Kolonko wie ein Schlag ins Gesicht der Menschenrechte, weil sie noch über „Sekte“ spricht, während im selben Moment Menschen für ihre Glaubensfreiheit gefoltert und getötet werden.

Mit freundlichen Grüßen

T.T.
Arzt im Praktikum

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