Ein weiterer Leserbrief an die FAZ

25.01.2002

An die
Wirtschaftsredaktion der FAZ
zu Hd. von Herrn Meyer
…..

Sehr geehrter Herr Meyer,

ich hatte am 15.11.01 und nochmals am 5.12.01 ein Schreiben an Sie gerichtet mit der Bitte, dieses an Ihren Korrespondenten in Peking, Herrn Zhou Derong, weiterzuleiten.
Ihre Mitarbeiterin, Ingrid Stäckel, hat mir per mail am 6.12.01 die Weiterleitung bestätigt.

Bis heute habe ich von Herrn Zhou Derong keine Antwort erhalten. Stattdessen erschien am 10.1.02 im Feuilleton Ihrer Zeitung ein neuer Bericht von ihm („ Mehr Platz im Paradies..“), in dem er im gleichen diffamierenden Ton und mit unwahren Behauptungen betreffend die Falun Gong –Bewegung operiert. Sicherlich sind Sie nicht verantwortlich für diesen neuerlichen Artikel. Ich sehe Sie aber sehr wohl in der Verantwortung dafür, daß sich Herr Zhou trotz meiner Erklärungen weiterhin einer unkorrekten Terminologie bedient, so zum Beispiel, indem er Falun Gong, einen traditionellen, buddhistischen Kultivierungsweg, weiterhin als Sekte bezeichnet, und dies bitte ich Sie nachdrücklich in Zukunft redaktionell zu verhindern.

Die lexikalische Definition von „Sekte“entspricht schon lange nicht mehr dem allgemeinen Sprachgebrauch (übrigens auch nicht im Ausland, wie jüngste Beispiele aus Frankreich und Belgien zeigen), und jeder „Sektenbeauftragte“ wird bestätigen, daß man heute unter einer Sekte eine feste Organisation versteht, die unter dem Deckmantel eines religiösen bezw. weltanschaulichen Grundgedankens düstere finanzielle Geschäfte betreibt, die gegebenenfalls sogar in der Tasche ihres Gurus landen, die blind einem „Führer“ folgt, die ihre Mitglieder durch Beraubung des freien Willens in psychische Abhängigkeit treibt, ihre Mitglieder von Familie und Gesellschaft isoliert und dadurch ihrer Manipulierbarkeit Tür und Tor öffnet.

Bei Falun Gong existiert keine feste Organisation, sondern nur eine individuelle Verbindung der Praktizierenden untereinander und in einigen Ländern (auch in der BRD)ein Mini-Verein, um einige Ansprechpartner für Medien zu haben, Räume anmieten zu können u.ä. Die Übungen werden immer unentgeltlich von einzelnen Praktizierenden weitergegeben, meistens in öffentlichen Parks, und jeder kann zu jeder Zeit frei kommen oder gehen. Geld, Spenden oder Sachwerte dürfen nicht angenommen werden. Li Hongzhi ist ein Lehrer oder Meister, wie es in jeder Schule üblich ist. Er appelliert immer wieder an seine Schüler, es sei grundlegend wichtig, sich nach der Lehre und ihren Prinzipien zu richten, also auch hier keine Abhängigkeit und schon lange kein “spirituelles Gesamtkunstwerk“. Was soll das denn überhaupt sein? Im übrigen darf ich Zweifel an der Sachkompetenz Ihres Korrespondenten anmelden, wenn er noch nicht einmal weiß, daß es bei Falun Gong eben KEINE Atemübungen gibt.

Warum ist mir diese Klarstellung so wichtig? Weil die Verfolgungskampagne der chinesischen Regierung gegen Falun Gong irrational und in ihren Auswirkungen auf große Teile der chinesischen Bevölkerung erschreckend ist, und weil durch Herrn Zhous Übernahme der Terminologie der chinesischen Regierung deren Verbrechen noch unterstützt anstatt aufgedeckt und gestoppt werden.

Bitte verzeihen Sie, wenn mir Zweifel an der Integrität ihres Mitarbeiters kommen. Es kann nicht angehen, daß der Korrespondent einer angesehenen deutschen Zeitung die Stereotypen z.B. die Selbstverbrennungsaktion, deren Teilnehmer bis heute nicht von ausländischen Journalisten interviewt werden durften!) einer Regierung wiederholt, deren menschenverachtende Politik weltweit bekannt ist! Kritischer Journalismus ist wichtig, aber noch wichtiger ist eine gute Recherche. Und die fordere ich ein, gerade bei einem Thema, das anerkanntermaßen Menschenrechtsverletzungen in ungeahntem Ausmaß betrifft, bei einem Thema, daß von der chinesischen Regierung mit Lügen und Diffamierungen auf extremste Weise begleitet wird und bei dem es sich um bis jetzt mindestens 354 Foltertote (intern wird auf Regierungsebene von ca 1600 gesprochen), mehr als 1000 zu Unrecht in Nervenheilanstalten und etwa 20 000 in Arbeits- und Umerziehungslager Eingewiesene handelt und in den letzten 2 ½ Jahren mindestens 100 000 friedliche Menschen verhaftet wurden, nur weil sie von der Gültigkeit der Prinzipien „Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit, Nachsicht“ überzeugt sind.

Ich wiederhole nochmals, ich bitte um gründliche Recherche anstelle des Herunterleierns regierungschinesischer „Wahrheiten“. Ian Johnson, bis 2001 Korrespondent des Wall Street Journal in Peking, hat für seine Reportage „A Death in China“(es geht um die Aufklärung des mysteriösen Todes einer Falun Gong-Praktizierenden und die Verfolgung ihrer recherchierenden Tochter) den Pulitzer Price und den 2000 Sigma Delta Chi Award erhalten.
Hut ab vor diesem Mann, der sich entsprechend seinem Berufs-Ethos nicht nur verhalten, sondern auch in Gefahr begeben hat!

Falsche, besonders spektakuläre Informationen setzen sich sehr schnell im Kopf eines Lesers fest. In diesem Fall schaden sie Menschen in China, die tagtäglich schikaniert und vom Tode bedroht sind. Sie schaden aber auch vielen Menschen in Deutschland, die sich bemühen, ihr Leben nach positiven Prinzipien auszurichten, und sie hindern sicherlich auch Menschen daran, die Schule des Falun Gong kennenzulernen.

Ich praktiziere seit 1997 Falun Gong, und es hat mir inneren Frieden und dauerhafte Gesundheit gebracht.
Im April 2001 wurde ich von chinesischer Seite telefonisch in einer Art bedroht, daß ich die Staatsanwaltschaft und den Staatsschutz informieren mußte. Es darf einfach nicht sein, dass der chinesische Staatsapparat, unter Führung von Jiang Zemin, im Ausland bis in die private Sphäre deutscher Staatsbürger ihren Druck ausüben kann. Dies wird sicherlich unterstützt, wenn sich Regierungen und Presse von der chinesischen Regierung unter Druck setzen lassen.

Der Pressekodex fordert in Deutschland den besonderen Schutz von ethnischen, rassischen und religiösen Minderheiten vor Diskriminierung. In Kanada erging vor einigen Wochen ein Urteil sowohl gegen die Zeitung „ Les Perles Chinoises“ und als auch gegen einen ihrer Autoren wegen Artikeln, die Falun Gong diffamieren. Ich denke, soweit soll es in diesem Falle nicht kommen.

Sicherlich können Sie verstehen, daß ich unter den gegebenen Umständen nicht mehr länger auf eine Stellungnahme von Herrn Zhou warten möchte. Da ich in diesem Brief viele Themen nur kurz berühren konnte, bitte ich Sie dringend um ein Gespräch, gern in Ihrer Redaktion, um Unklarheiten zu beseitigen und weiteren Schaden zu verhüten.

Mit freundlichem Gruss,

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