Den Haag, 3. Dezember 2004

Moderator (M): Die philosophische Falun Gong Bewegung, welche in China verboten ist, geht in den Niederlanden vor Gericht. Die holländischen Praktizierenden dieser Bewegung klagen den ehemaligen chinesischen Staatspräsidenten Jiang Zemin des Völkermordes und der Folter an Falun Gong Praktizierenden an. Liesbeth Zegveld ist die Rechtsanwältin des niederländischen Falun Dafa Vereins. Guten Morgen.

Liesbeth Zegveld (LZ): Guten Morgen.

M: Sie werden eine Strafanzeige einreichen?

LZ: Ja, das ist richtig.

M: Wie lautet die Klage?

LZ: Es wird Klage gegen den Völkermord und die Folter, welche von Jiang Zemin, dem ehemaligen Präsident von China und eine Reihe anderer politischer Figuren begangen wurden, erhoben.

M: Und warum verfolgt China zur Zeit die Falun Gong Anhänger?

LZ: Nun, das ist schwierig vollständig herauszufinden, doch es hat zu tun mit der Bedrohung des kommunistischen Systems, eine Bedrohung der gegenwärtigen Macht. Sie müssen wissen, daß es mehr als 100 Millionen Falun Gong Praktizierende gibt, 70 Millionen davon leben in China. Dies ist eine so große Anzahl, daß wenn jemand sie wirklich als politische Bewegung ansehen würde, was sie jedoch absolut nicht sind, dann müßten sie als Bedrohung der Macht angesehen werden. Doch, wie ich schon sagte, ist dies meiner Meinung nach vollständig ungerechtfertigt…

M: Dies ist also der Hintergrund. Und jetzt werden sie die Strafanzeige einreichen und was dann?

LZ: Dann hängt es im Grunde vom Staatsanwalt ab, zu entscheiden, ob die Fakten, die wir einreichen, gegen das Gesetz verstoßen, und ob sie tatsächlich als Völkermord oder Folter gelten können; ob es genug Beweise dafür gibt und ob die Niederlande die rechtliche Berechtigung haben, in diesem Fall recht zu sprechen.

M: Ja, doch warum sollte sich ein holländischer Richter – so traurig dies auch immer sein mag – mit Folter und Völkermord in China befassen?

LZ: Weil es holländischer Opfer gegeben hat.

M: Wieviele?

LZ: Wir haben keine konkreten Zahlen, doch zur Zeit haben wir zwei Fallbeispiele eingereicht, was holländischen Falun Gong Praktizierenden geschehen ist.

M: Doch sie wollen natürlich mehr. Wollen Sie, daß darüber grundsätzlich entschieden wird?

LZ: Ja, natürlich. Falun Gong ist nicht durch Grenzen eingeschränkt, Völkermord ist auch nicht durch Grenzen eingeschränkt. Es ist ein globales Problem, und weil wir heute den internationalen Strafgerichtshof und das Jugoslawien Tribunal hier in Den Haag haben, sollten diese Straffälle, die besonders schwerwiegenden Straffälle von allen Ländern anerkannt werden. Anderenfalls können wir dieses Problem nicht lösen. China zumindest wird nie etwas zu seiner Lösung tun. Also wird es die Aufgabe von anderen Ländern sein, und das ist ein wirklich ernsthaftes Problem. Es wurde von Amnesty International verifiziert, daß schon fast 1200 Menschen gestorben sind, wofür wir tatsächliche Beweise haben.

M: Doch angenommen, daß sie damit wirklich Erfolg haben, daß in den Niederlanden einen Richter diesen Fall annimmt, und es sogar vielleicht zu einer Verurteilung von Jiang Zemin kommt. Dann stellt sich die nächste Frage, nämlich was dann?

LZ: Nun, die Frage wird für die Anklage sein "was nun?" Natürlich ist es wahr, daß Jiang Zemin nicht hier ist. Wenn es das ist, worauf sie anspielen, haben Sie recht. Ich sehe es nicht so, daß es zu einer Verurteilung kommen wird, solange er nicht hier ist. Aber man kann natürlich einen Haftantrag stellen oder den Fall so vorbereiten, daß sobald er kommt, man ihn verhaften kann. Und dadurch kommt Druck in die Angelegenheit. Wenn dies in vielen Ländern geschieht, dann hat er nicht mehr die Freiheit, dorthin zu gehen, wo er möchte.

M: Muß er in Holland sein, um verhaftet zu werden?

LZ: Die Gerichtsbarkeit der Niederlande hört an der holländischen Grenze auf. Die Niederlande können einen Haftbefehl ausstellen, und fordern, daß er in anderen Ländern verhaftet wird, wenn sie soweit gehen wollen. Das ist natürlich das, worauf wir hoffen, doch soweit ist es noch nicht. Die holländischen Behörden können Ihn nur auf holländischen Territorium verhaften.

M: Gut, Liesbeth Zegveld, Rechtsanwältin des Falun Dafa Vereins. Vielen Dank.

LZ: Gern geschehen.