IGFM Deutschland Bedenken gegen Abschiebung von Falun Gong Praktizierenden

Pressemiteilung

Frankfurt/M. (25. Oktober 2004) Falun Gong Praktizierende in der VR China laufen jederzeit Gefahr, bei einem öffentlichem Bekenntnis zur Meditationsbewegung verhaftet und ohne fairen Prozeß und ohne Urteil für zwei Jahre in ein Lager für Umerziehung geschickt zu werden. Falun Gong Praktizierende würden in den Arbeitslagern für Umerziehung schlechter behandelt als Drogenabhängige. Folterähnliche Mißhandlungen wie tagelanges Hocken und Wachhalten seien Folgen für verweigerte Reuebekenntnisse. Die Möglichkeit für Praktizierende, sich zu versammeln, werde behindert. Durch eingeschleuste Spitzel sei ein Klima des Mißtrauens gegenüber Fremden entstanden, die eine Falun Gong Gruppe suchten. Aufgrund eines aktuellen Berichts über die derzeitige Praxis der Verfolgung von Falun Gong in China hat die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) schwere Bedenken gegen eine Abschiebung von Falun Gong praktizierenden Asylbewerbern. Die chinesischen Politiker sollen vielmehr auf allen Ebenen gedrängt werden, die Verfolgung der Falun Gong Praktizierenden einzustellen und das für die Verfolgung zuständige Büro 610 zu schließen.

Frau Xiong Wei, von 1992 bis 1999 Studentin der TU-Berlin, wurde am 5. Januar 2002 beim Verteilen von Informationen über Falun Gong verhaftet und erhielt nach einer zweimonatigen Untersuchungshaft ohne Verfahren, ohne Urteil und ohne Rechtsbeistand den Bescheid, daß sie zwei Jahre in einem Frauenarbeitslager für Umerziehung verbringen müsse. Am 5. Januar 2004 wurde sie exakt nach zwei Jahren entlassen; seit 29. September 2004 hält sie sich in Deutschland auf. Sie erhebt schwere Vorwürfe gegen das chinesische Straflagersystem, in dem Wärter mit Lohn- und Gehaltskürzungen bestraft werden, wenn es ihnen nicht gelingt, aus den Gefangenen Reuebekenntnisse herauszupressen. Viele Wärter entbehrten jeglicher Mitmenschlichkeit, weil sie den auf ihnen lastenden Druck in Form von Mehrarbeit, Folter und Mißhandlungen unmittelbar oder durch angeworbene Mitgefangene an die Gefangenen weitergäben.

Die Umerziehung, die unter anderem im Zwang besteht, stundenlang Informationen zu lesen und Fernsehsendungen zu verfolgen, in denen die Regierungsmeinung zur Falun Gong Bewegung verbreitet wurde, endete mit dem Auftrag, seine Gedanken danach niederzuschreiben. Wer die Regierungsmeinung nicht übernahm, wurde mit nächtelangem Schlafentzug durch ständiges Einreden von Erziehungshelfern, zumeist selbst ehemalige Insassen, bestraft. Wer diesem tagelangen Druck nicht mehr standhielt, wurde gezwungen, ein Reuebekenntnis zu unterschreiben.

Die Falun Gong Praktizierende Zhang Li Quian, 38 Jahre alt, die ihre Unterschrift unter das Reuebekenntnis verweigert hatte, mußte 30 Tage hocken bei reduzierten Mahlzeiten und eingeschränkter Möglichkeit, die Toilette aufzusuchen. Um ihren Körper in der Hocke zu unterstützen, stützte sie sich auf die Handrücken, bis sie Schwielen an den Händen hatte. Nach der nochmaligen Weigerung, das Reuebekenntnis zu unterschreiben, wurde sie tagelang in eine Stehzelle eingesperrt. Schlief sie ein und fiel in die Gitter, wurde sie wachgerüttelt. Von Drogenabhängigen, die eine privilegierte Stellung unter den Mitgefangenen hatten und Falun Gong Praktizierende beaufsichtigten, wurde sie zusammengeschlagen. Sie wurde später noch zu einer lesbischen Mitgefangenen Huang Ping gesteckt, die sie vergewaltigte; dafür wurde sie, das Opfer, erneut bestraft.

Liu Fang Fang, eine 40jährige Falun Gong praktizierende Ärztin, mußte tagelang auf einem Hocker sitzen und wurde daran gehindert, einzuschlafen; der 62jährigen Xue Bao Ling, Falun Gong Praktizerende, bog eine Wärterin die Arme auf den Rücken und eine weitere schlug ihr mit einem Schuh solange auf den Kopf, daß sie sich monatelang nicht bewegen konnte; Li Yua Zheng, 20 Jahre alt, ebenfalls Falun Gong Praktizierende, wurde von 10 Polizistinnen ausgezogen und so verprügelt, daß sie 20 Tage apathisch auf dem Bett liegen blieb.

Gearbeitet wurde im Akkord in Gruppen von 8 – 9 Personen von 6.30 Uhr bis 21.30, je nach Auftrag auch bis 24 Uhr in der gleichen Zelle, in der die Gruppe schlief und die Mahlzeiten einnahm. An niedrigen Bettgestellen, von denen man tagsüber die Decken abräumte, wurden Eßstäbchen etikettiert mit dem Aufdruck „Hygiene-Eßstäbchen, desinfiziert“. Von Hygiene konnte keine Rede sein. Der Raum war kameraüberwacht, auch der Toilettenbereich. Monatelang blieben die Insassen einer Zelle ohne Kontakt zur Außenwelt oder zu anderen Gefangenen. Durch das niedrige Sitzen waren schwere Krämpfe in den Beinen und Gleichgewichtsstörungen an der Tagesordnung.

Das Frauenarbeitslager für Umerziehung Daxing Xian, in der Frau Xiong Wei eingesperrt war, war ein Musterlager, ein Vorzeigelager, das auch ausländische Gäste besichtigten. Dann kamen auch Gardinen vor die Zellenfenster und die Gefangenen durften sich die Haare waschen und die Nägel schneiden. Sogar Blumen wurden im Innenhof gepflanzt, aber unmittelbar nach Besuchsende wieder entfernt.

Die IGFM sieht in der aktuellen Beschreibung von Frau Xiong Wei den Beweis, daß man auf jede Verlautbarung, daß Falun Gong nicht mehr oder weniger verfolgt werde, nicht hereinfallen dürfe. Auch die Annahme, daß derjenige vor Verfolgung geschützt sei, der Falun Gong im Privaten ausübe, passe nicht zur Realität. Trotz des Wechsels an der Regierungsspitze sei das Büro 610, das für die Verfolgung der Falun Gong eingerichtet worden sei, immer noch aktiv und verfolge das Ziel, alle Falun Gong von ihrer Meditationsschule – auch mit Gewalt – abzubringen und zu einem Reuebekenntnis zu zwingen. Immer noch seien neue Todesfälle von Falun Gong Praktizierenden in der Haft, in Arbeits- und Umerziehungslagern zu beklagen. Solange das so sei, sei es nach Auffassung der IGFM unverantwortlich, Falun Gong Praktizierende nach China abzuschieben und sie den Behörden auf dem Silbertablett zu servieren und darauf zu hoffen, daß nichts passiere.

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