Mein Geburtstagsgeschenk

Zu meinem diesjährigen Geburtstag habe ich besonders schöne Geschenke bekommen. Und ich glaube, ich werde mich noch sehr lange an diesen Tag erinnern, denn ich habe das Paradies gesehen…

Am 27. Oktober fand in Stuttgart im Chinagarten eine Ausstellung von Zhang Cuiying statt. Die Tage und Wochen davor war ich so mit Terminen und Arbeit überlastet gewesen, dass ich mir vorgekommen war, als wäre ich eine Maschine. Allein schon die Tatsache, dass ich an diesem Tag alle Last ablegen konnte, in diesem schönen Garten war und die Bilder dieser chinesischen Malerin bewundern konnte, stand im krassen Gegensatz zu unserer sonst so hektischen Welt. Es dauerte jedoch noch eine Weile, bis mir bewußt wurde, was ich hier wirklich erleben sollte.

Ich wurde von meinen Freunden herzlich begrüßt, man hatte das allerletzte Essen für mich aufgehoben, weil ich doch das Geburtstagskind war. Es wurde sogar ein Lied für mich gespielt. In dem Garten war es sehr idyllisch. Chen spielte auf der Flöte unsere Meditationsmusik und alle lauschten andächtig. Die Stimmung war so harmonisch und würdevoll – kein Geschrei, nichts lautes. Nur die Kinder tobten ausgelassen. Es war, als wären wir alle in einer Einheitswelt, in der kein Begriff für Zeit und Raum existiert, denn niemand hatte es eilig.

Dann begann ich, die Bilder zu betrachten. Sie waren sehr schön und ich konnte mich nicht erinnern, schon einmal Bilder angeschaut zu haben, mit denen ich mich so verbunden gefühlt hätte. Eigentlich war ich nur gekommen, weil es eine Veranstaltung von Falun Gong war. Chinesische Malerei interessierte mich nicht speziell. Im Gegenteil, ich konnte nicht verstehen, warum viele Praktizierende auch so stark an Chinas Kultur interessiert waren, wo Falun Dafa doch über allem steht, sozusagen ein kosmisches Gebot ist. Diesen Hang zur chinesischen Kultur anderer westlicher Praktizierender empfand ich eher als Eigensinn. Ich verstand auch nicht die Worte des Meisters in seinem Jinwen:„Warum gab es in der Geschichte so grße Unterschiede zwischen der Kultur und der Zivilisation in den chinesischen Regionen und in denen in anderen Gebieten? Der Staat wurde in allen anderen Gebieten Staat genannt. Das Oberhaupt des Volkes wurde in allen anderen Gebieten König genannt. Ausgerechnet in der Geschichte Chinas gab es keinen vergleichbaren Begriff für Staat, sattdessen erschien er in Form einer Dynastie. […] jede Dynastie hat ihere eigenen himmlischen Menschen und ihr Volk, jede Dynastie hat ihre Kultur und ihre Kleidung. Bei einem Dynastiewechsel vollzog sich früher sofort ein Wandel in der Kultur…“

So betrachtete ich Bilder mit Blumen, Felsengärten, Frauen, Buddhas und erkannte immer mehr eine Schönheit, eine Vollkommenheit, die ich vorher nie sehen konnte. Ein Bild betrachtete ich sehr lange: Ein schön angelegter Garten mit einer Bank. Darauf lag eine Person, den Kopf auf beiden Armen ruhend. Es schien, als würde sie schlafen. Darunter stand „denken“. Wie sehr wünschte ich mir, auf einer Bank zu liegen, in einem wunderschönen Garten und zu denken. Oder ein Instrument zu spielen. Als Kind hatte ich viele Instrumente gelernt, aber seid der Verfolgung könnte ich mir nicht mehr ins Gesicht schauen, wenn ich nicht alle freie Zeit für unsere Mitpraktizierenden in China einsetzen würde. Das weiß unser Meister. Wir geben gerade viel her.

Ich stellte mir vor, wie man wohl heute einen Denkenden malen müßte. Wahrscheinlich ein verrauchtes Büro mit Laptop, sehr unordentlich und viele technische Hilfsmittel. Und mir wurde in diesem Kontrast mehr denn je bewußt, in was für einer entarteten Gesellschaft wir heute leben. Dagegen zeigten diese Bilder mit ihrer klaren Einfachheit, mit ihrer Reinheit, ein Stück Himmel. Jetzt schossen mir bei jedem Bild, das ich ansschaute, die Tränen ins Gesicht.

Ich verstand. Ich hatte ein Stück Himmel gesehen…

Von einer deutschen Praktizierenden, geschrieben für die Kultivierenden in China

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