Deutsche Fa-Konferenz zum Erfahrungsaustausch: „Eigensinne im Umgang mit meiner Mutter erkennen“

Die diesjährige deutsche Fa-Konferenz zum Erfahrungsaustausch in Bad Kissingen am 13. Januar 2019 hat die Herzen vieler Teilnehmer tief berührt. Insgesamt 420 Praktizierende aus Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz hörten den vorgetragenen Erfahrungsberichten zu.

 

Eigensinne im Umgang mit meiner Mutter erkennen

Seit Jahren merke ich immer wieder, dass ich im Umgang mit meiner Mutter oft in einen genervten und gereizten Zustand komme. Es sind meist nur Kleinigkeiten, die mich nerven, die aber in ihrer Summe zu einem großen Unmut bei mir führen, sodass ich schon manches Mal vor einem Besuch meiner Eltern oder einem Besuch bei ihnen dachte: „Es sind ja nur ein paar Tage, wird schon nicht so schlimm.“ Für andere Menschen wäre es sicherlich manchmal nicht nachvollziehbar, warum mich manche Situationen so nerven. Zu diesem Thema hatte ich einmal eine andere Praktizierende gefragt, warum gerade immer die Mütter einen so aus dem Konzept bringen und erhielt die Antwort: „Weil die Mütter so genau auf die eigenen Eigensinne abgestimmt sind.“

Diese Antwort spukte mir danach im Kopf herum und als ich vor einem Besuch bei meinen Eltern in diesem Jahr wieder dachte, dass es hoffentlich nicht so schlimm wird, wurde mir bewusst, dass ich eine völlig falsche Einstellung hatte. Also machte ich mir Gedanken, welche Eigensinne ich bei mir finden kann, die sich im Umgang mit meiner Mutter äußern.

Eigensinne, die ich erkannt habe

Der Eigensinn, der mir als erstes auffiel, war mein Egoismus. Denn ich will immer, dass alles nach meiner Nase geht und dass alle anderen das respektieren und mir am besten noch die Wünsche von den Lippen ablesen können, bevor ich sie äußere. Dieser Eigensinn verhindert, dass ich meine kleine Tochter ganz selbstlos an meine Mutter geben kann. Denn wenn ich egoistisch bin, dann will ich, dass man mir meine Tochter immer dann abnimmt, wenn ich es brauche oder wenn ich etwas nicht machen möchte, beispielsweise sie wickeln. Aber ich habe verstanden, dass meine Mutter in gewissem Maße auch einen Anspruch auf meine Tochter, also ihre Enkelin, hat. Denn wir wohnen circa 400 Kilometer auseinander, sodass wir uns nicht so oft sehen. Wenn wir uns dann sehen, freut sie sich natürlich darauf, mit ihrer Enkelin zu spielen und zu schmusen und darf das auch. Ich nahm mir also vor, mich nicht übergangen zu fühlen, wenn meine Mutter meine Tochter ohne zu fragen hochnimmt oder mit ihr spielt oder schon mal den Wagen schiebt und dass ich ihr solches auch von mir aus anbieten wollte.

Der nächste Eigensinn, der mir in den Sinn kam, ist sicherlich eng mit dem Egoismus verbunden, denn es ist die Undankbarkeit. Diese Undankbarkeit zeigte sich auch in folgender Situation: Letztes Jahr, als die Geburt kurz bevorstand, war meine Mutter zu Besuch und hatte mit dem Zeitraum ihres Besuches genau den richtigen Riecher, denn in dieser Zeit wurde meine Tochter geboren, obwohl es bis zum errechneten Termin noch fast drei Wochen waren. Am Sonntag hatten wir noch eine Kaffeetafel mit sieben Personen bei uns zu Hause gehabt und waren mit dem Abwasch nicht ganz fertig geworden. Am Montagmorgen bekam ich Wehen und hatte den Blasensprung. Ich sagte ein paar Termine ab und bat meine Mutter, die letzten Tassen abzuwaschen. Als wir nach der Geburt heimkamen, hatte sie nicht nur aufgeräumt, sondern auch ein wenig geschmückt. Aber statt uns zu freuen, haben mein Mann und ich es als Eingriff in unsere Privatsphäre empfunden. Wie undankbar. Das schlimme daran ist aber auch, dass diese negativen Gefühle gegenüber anderen Personen so nicht aufgetaucht wären. Diese Undankbarkeit finde ich jedenfalls schrecklich und ich versuche sie abzulegen, weil ich sie auch sehr unfair finde.

Ein weiterer Eigensinn, der mir im Zusammenhang mit der Beziehung zu meiner Mutter aufgefallen ist, ist die Konfliktscheu oder das Harmoniebedürfnis. In meiner Familie gab es nie große Diskussionen oder Streit, zumindest kann ich mich nicht daran erinnern. Ich war eher genervt, habe meinen Frust darüber aber nur in mich reingefressen und war dann darüber wieder genervt. Also nahm ich mir vor diesem Besuch vor, Dinge, die mich störten, anzusprechen und meine falsche Einstellung gegenüber meiner Mutter zu ändern.

Klar bleiben in Konflikten

Bei diesem Besuch kam es dann tatsächlich nicht vor, dass ich mich aufgeregt hätte und wenn ich genervt reagieren wollte, habe ich erst mal durchgeatmet. So sind tatsächlich fast keine Situationen aufgetaucht, die mein Herz bewegt hätten. Ich kann nicht einschätzen, ob das so kam, weil ich mich nicht mehr davor fürchtete, oder ob ich sie gar nicht erst als schlimm wahrnahm. So oder so denke ich, dass hier eine kleine Erhöhung stattgefunden hat.

Eine Begebenheit möchte ich dazu noch schildern. Denn wie gesagt, fällt es mir schwer, meiner Mutter zu sagen, wenn mich etwas stört, da ich Angst vor Konflikten mit ihr habe. Stattdessen bin ich eher genervt und rege mich lieber später bei jemandem darüber auf. Am Ende dieses Besuches gab es noch eine Familienfeier in einer anderen Stadt, für die wir Hotelzimmer mit Halbpension gebucht hatten. In dieser Zeit war meine Tochter abends oft unruhig und quengelig, weil sie weitere Zähne bekam und dadurch Zahnschmerzen oder Kieferjucken hatte. An einem Abend im Hotelrestaurant war sie besonders unruhig, sodass meine Mutter vorschlug, sie könne mit der Kleinen hoch in ihr Zimmer gehen, denn da sei es ja egal, wenn sie schreie. Das war für mich dermaßen unpassend, denn ich möchte nicht, dass meine Tochter schreit, egal wo sie ist, sondern ich möchte sie trösten oder ihren Schmerz lindern. Jedenfalls habe ich meine Mutter angeschaut und gesagt: „Nein. Jetzt essen wir zusammen und dann gehe ich mit ihr hoch.“ Ich meine auch, dass meine Tochter danach ruhig war und sich die Situation aufgelöst hat, weil ich in dieser Situation klar geblieben bin.

Selbst diese kleine Begebenheit war für mich aufregend und ich dachte, dass meine Mutter eingeschnappt sei, denn sie stand direkt danach auf und ging zum Buffet. Dabei habe ich nur wieder mein eigenes Unvermögen, mit Streit umzugehen, auf sie projiziert, denn ich hätte so etwas vielleicht gemacht, um aus der Situation fliehen zu können. Meine Mutter aber kam mit Nachtisch wieder und fragte mich, ob ich auch ein Schälchen mit Obst und ein bisschen Vanillesoße wollte. Ich sagte, dass ich gerne eine nähme – aber mit viel Vanillesoße.

Ich hoffe, dass ich in späteren Situationen auch nachsichtig sein kann und mir meine Einsichten immer präsent bleiben, sodass ich meine Eigensinne vollständig ablegen kann. Ich danke dem Meister, dass ich nach innen schauen konnte.

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