Ich bin sechs Wochen lang für die Freiheit Fahrrad gefahren

Kata Baranyai aus Ungarn ist Journalistin. Sie schreibt gewöhnlich für ein Online-Magazin, das zu einem der größten Online-Nachrichtenportale in Ungarn gehört. Sie wurde von ihrem Chef ermutigt, über das „Ride2Freedom“- Projekt zu schreiben, an dem sie teilnahm. Diese Tour richtete sich gegen die grausame Verfolgung der Meditationsschule Falun Dafa in der VR China.

In dem nachfolgenden Beitrag schildert sie ihre persönlichen Eindrücke und Erlebnisse, die sie in den sechs Wochen einer Fahrradtour mit 30 Jugendlichen und 10 Begleitern durch Amerika machte.

Vor zwei Jahren genau an diesem Tag, habe ich mich gerade auf dem Weg zur Geburtstagsfeier meiner Freundin gemacht und dabei mit meinem Handy rumgespielt. Als die E-Mails gerade geladen wurden, hat eine süße und unerwartete Nachricht aufgeblinkt, die mich schlichtweg umgehauen hat.

Beim Lesen der Nachricht hat die Welt um mich herum aufgehört zu existieren. In der Nachricht stand, dass erwachsene Begleiter für eine Fahrradtour gesucht werden, zwar ohne Bezahlung, aber die Kosten gedeckt und das Ganze für einen guten Zweck sei. Mit 30 Kindern im Gepäck durch ganz Amerika – damit die Welt ein wenig besser wird.

Das Problem war nur, dass ich für 6 Wochen alles hätte liegen lassen müssen, um diese Reise anzutreten. Deswegen habe ich die E-Mail zuerst schnell ignorieren wollen.

Inzwischen war ich bei der Feier angekommen, aber trotz der Partystimmung hat mich die E-Mail einfach nicht in Ruhe gelassen. Der Aufruf hat immer und immer wieder Wege gefunden, sich in meinen Gedanken festzukrallen. Ich konnte ihn nicht einfach ignorieren, obwohl ich das wirklich sehr gerne getan hätte. Mir fielen mindestens zehntausend Gründe ein, warum es unmöglich wäre, weil ich wirklich sehr viel zu erledigen hätte, um für 6 Wochen aus der Tretmühle aussteigen zu können. Aber ich glaube daran, dass, wenn jemand wirklich etwas will, er neue Möglichkeiten sieht. Und ich wollte diese Tour sehr.

Das war das schwerste Jahr meines Lebens und die Stücke meiner Seele wurden noch nicht wieder zusammengesetzt. Ich habe öfter darüber nachgedacht den El Camino Weg zu gehen, aber um ehrlich zu sein – und hier möchte ich keineswegs jemanden beleidigen – die ursprüngliche geistige Bedeutung hat er schon längst verloren.

Soviel wusste ich aber schon, dass ich etwas brauche, was mich komplett aus der Bequemlichkeit herausreißt und mich vom Kopf bis Fuß wäscht. Nachträglich kann ich mit reinem Gewissen behaupten, dass ich genau das gefunden habe, was ich suchte. Obwohl, eigentlich hat mich die Fahrradtour gefunden und nicht umgekehrt.

Also ich habe solange hin und her organisiert, geplant, Termine verschoben, bis ich wirklich frei hatte, für diese 6 Wochen – und so fing ich das Abenteuer an.

Trete für die Freiheit!

Die ursprüngliche Idee der Tour stammte aus einem anderen Projekt, das vor ungefähr 10 Jahren ablief, mit dem Namen: „Trete für die Freiheit“. Damals haben sich ebenfalls Kinder daran beteiligt und es verlief auch quer über Nordamerika. Das Projekt hat damals für großes Aufsehen gesorgt bei den Medien und die Organisatoren dachten, es wäre an der Zeit das Projekt wieder zu beleben, damit die Welt zu einem besseren Ort wird.

Das Ziel der Tour war es, die Aufmerksamkeit auf die brutale Verfolgung der Meditationsschule Falun Dafa in China zu richten. Sie bemühten sich stets herauszuheben, wie viele Kinder durch die Grausamkeiten zu Waisen geworden sind.

Einige der Kinder, die an der Tour teilnahmen, haben selbst die Verfolgung ihrer Eltern oder Großeltern miterlebt. Sie durften nicht nur Fahrrad fahren, sondern auch ein Teil dieser Kampagne werden! Für die schnellere Verbreitung war es ihre Aufgabe, so viel Selfies zu schießen, wie es nur möglich ist. Aber nicht irgendwelche!

In der Praxis hat es so ausgesehen, dass sie auf dem Weg mit Menschen ins Gespräch kamen, denen sie von der Verfolgung erzählt haben, dann haben sie sie gebeten ein gemeinsames Selfie zu machen, damit die Verbreitung eine bessere Wirkung hat. Es war fantastisch zu beobachten, dass Junge, Alte, Polizisten, Sanitäter und auch Politiker in die Kamera lächelten und gerne geholfen haben.

Die jüngste Teilnehmerin war gerade mal 11 Jahre alt. Ihre Mutter wurde so brutal gefoltert, dass sie taub und blind geworden ist. Es ist, glaube ich, unnötig zu betonen, warum sie die meiste Motivation an den Tag gelegt hat, obwohl sie so jung war.

Durch die Wüste in die Berge

Die Tour hat mich an die – einst so populäre – Reality Shows erinnert: stell dir 30 Jugendliche vor mit 10 Begleitern, die 5000 Kilometer fahren wollen, quer durch ganz Nordamerika, von Los Angeles bis Washington D.C. – und das innerhalb von 46 Tagen!

Da das Projekt karitativ war, gab es ein sehr niedriges Budget, das sogar ein paar Tage vor dem Start, am 1. Juni noch nicht ganz feststand.

Die Stimmung der Tour war durch die Vielfalt der Teilnehmer bestimmt. Was ist das, wenn keine Reality Show? Tag für Tag haben wir mit natürlichen Hindernissen zu kämpfen: mit der Hitze der Wüste, mit dem brutalen Anstieg der Berge und mit der darauffolgenden schwülen Wärme. Wir haben zusammen gekämpft gegen den Hunger, die Müdigkeit, die Unreife, die sprachlichen Hindernisse und gegen die Schmerzen, die wir uns bei den Verletzungen zugezogen haben.

Wenn du glaubst, kommst du ans Ziel

Außer dem Tourleiter, waren wir keine professionellen Fahrer. Alle waren ambitionierte Amateure, die sich auf die oft für verrückt gehaltene Tour begeben haben, um der Welt zu zeigen, dass sie sich übertreffen können und wenn ein nobles Ziel vor ihnen liegt, mehr leisten können, als sie sich das je vorzustellen wagten.

Wir mussten jeden Cent umdrehen und haben oft unter freiem Himmel geschlafen, was in der Wüste unglaublich furchterregend war, gleichzeitig aber das schönste Erlebnis überhaupt. Wenn es nicht geregnet hat. Denn in diesem Falle haben wir nichts Schönes an der Situation sehen können. Ich würde sie sogar als frustrierend bezeichnen.

Es gab aber natürlich Tage, wo wir – Dank der Sponsoren – in 3 oder 4 Sterne-Hotels schliefen. Ganz widersprüchlich hat sich für mich die Tatsache angefühlt, dass wir an einem Abend in einem Luxushotel in Las Vegas gegessen hatten und am nächsten Tag in der Wüste neben Lagerfeuer unseren „Allerlei-Eintopf“ verschlangen.

Genau solche Erlebnisse zeigten der Gruppe, dass wir schätzen sollten, was wir haben. Sei es viel oder wenig! Wir haben gelernt den Moment zu erleben und dass die physische Müdigkeit und der Schmerz vorbeigehen. Nach einer Weile konnten wir uns sogar von all unseren überflüssigen Bedürfnissen trennen.

Ich konnte zum Beispiel mein antisoziales Verhalten und meinen Egoismus besiegen. Auch die Erwartungen an bestimmte Bequemlichkeiten sind geringer geworden: Ich habe erfahren dürfen, dass ich auch ohne meinen Kaffee in den Morgen starten kann. Ich weiß, es hört sich lächerlich an, aber ich war wirklich sehr eigensinnig darauf und am Ende der Tour ist das Verlangen nach Kaffee ganz verschwunden – es hat einfach nichts mehr bedeutet.

Auch das Bedürfnis nach der Zeit alleine zu sein, ist durch die Tour verschwunden. Ich will nicht sagen, dass ich das nicht vermisst habe, aber bis auf eine Nacht habe ich es gut ertragen können, dass so viele um mich herum waren. Nur in einer Nacht habe ich die Gelegenheit genutzt und hinter geschlossenen Türen geschlafen.

Was ich noch gelernt habe war, dass es in einer Gruppe immer Konflikte geben wird, aber wenn wir alle an das eine Ziel glauben, lösen sich alle Feindseligkeiten auf – aber es kann auch vorkommen, dass sie plötzlich wieder hochkommen.

Wir müssen verstehen, dass es zum Leben gehört. Wenn wir nicht stehen bleiben, sondern zusammen weiterfahren, dann ist es am Abend beim Lagerfeuer einfacher über die Sorgen zu reden.

Das Leben funktioniert auch so ähnlich, oder?

Quelle: http://www.she.hu/nofilter/20170106-bicikli-tura-hat-het-amerikai-egyesul-allamok-tekerj-a-szabadsagert-kapmany-eletre-szolo-elmeny.html

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