Wir sind eine Familie

Sehr geehrter Meister,

sehr geehrte Mitpraktizierende,

vor kurzer Zeit sagte eine Mutpraktizierende zu mir: „Ein Erfahrungsbericht ist wie ein Fenster.“Heute möchte ich euch meine Fenster zeigen, in denen ich lernte, barmherziger und nachsichtiger zu werden.

Der Tod des Vaters

Das erste Fenster war in der Zeit, als mein Vater plötzlich starb. Damals lernte ich eine Praktizierende besser kennen und besuchte sie in ihrer Stadt. Dort fand zur gleichen Zeit ein Staatsbesuch von hohen chinesischen Regierungsbeamten statt und ich nahm an der dortigen Veranstaltung gegen die Verfolgung von Falun Gong teil. Danach ging ich zu der Praktizierenden. Am nächsten Tag war eine weitere wichtige Veranstaltung, die ich unterstützen wollte.

Als ich bei der Praktizierenden angekommen war, rief mich mein Bruder an und sagte mir, dass mein Vater im Sterben liege. Mein Vater hatte einige Herzoperationen hinter sich, die ihn ausgezehrt hatten. In der Vergangenheit hatte ich zuerst noch etwas Groll gegenüber meinem Vater gehegt, sodass ich mich nur oberflächlich um ihn gekümmert hatte. Als ich erkannte, dass ich als Praktizierender nachsichtig sein sollte, kümmerte ich mich von Herzen um ihn und setzte mich richtig für ihn ein. Danach wurde er nicht mehr operiert, alles war plötzlich wieder in Ordnung und er war schon daheim auf dem Weg der Besserung. Erst einen Tag zuvor hatte ich noch mit ihm telefoniert.

Und nun lag er im Sterben?

Er hatte eine Gehirnblutung. Die Ärzte sagten, dass es da keine Hoffnung mehr gebe und ihn nur noch Medikamente am Leben erhalten würden. Zuerst dachte ich, es handele sich um eine Störung. Wie wichtig war diese Veranstaltung am kommenden Tag, dass das Böse meinen Vater benutzte, um mich von der Veranstaltung wegzuziehen! Zuerst sandte ich aufrichtige Gedanken aus, danach tauschte ich mich mit der Praktizierenden aus. Auf der einen Seite wollte ich dableiben, auf der anderen Seite nach Hause fahren. Doch meine Familie hätte es nicht verstanden, wenn ich geblieben wäre, und so fuhr ich nach Hause und nahm von meinem Vater auf dem Sterbebett Abschied.

Später erzählte mir die Lebensgefährtin meines Vaters, dass er ihr erzählt habe, er habe bei der vorherigen Operation die Hölle gesehen. Da erkannte ich, dass er erst gehen konnte, nachdem ich ihm verziehen hatte. Wahrscheinlich wäre er schon bei der ersten Operation gestorben, doch ich hatte damals noch Groll gegen ihn in mir getragen. Ich musste erst diese Ebene der Nachsicht erreichen. Danke, Meister, für diese Zeit. Seine Lebensgefährtin erzählte mir noch, dass mein Vater sehr stolz auf uns gewesen sei, weil wir uns so sehr um ihn gekümmert hatten.

Nun verstand ich viel tiefer, welche Verantwortung wir gegenüber den Lebewesen haben. Nicht leichtfertig sein. Nicht oberflächlich sein.

Mein Todespass: Das Ende meiner Beziehung

Beim zweiten „Fenster“, das ich euch öffnen werde, geht es um meinen Todespass. Vor der Kultivierung waren Trennungen von Freundinnen für mich immer mit Schmerzen verbunden, die jahrelang anhielten – so lange, bis ich eine neue Freundin hatte. Loszulassen fiel mir immer sehr schwer, weil ich durch meine Kindheitserlebnisse Minderwertigkeitskomplexe und eine starke Sehnsucht nach Harmonie und eine Partnerin hatte, die mich schätzte.

Nun war wieder jemand, der zu mir gestanden und mich gehalten hatte, weg und ich war wieder allein. Dazu kam noch, dass ich neidisch und eifersüchtig auf ihren neuen Freund war. Autos mit dem Kennzeichen ihres Ortes und den ihres Freundes versetzten mir Stiche im Herzen. Damals träumte ich, dass sie auf einem Berg stand und ich war im Tal. Ich schaute auf sie, doch sie sah mich nicht.

Diese Trennung war auch der Auslöser, dass ich mich wieder auf die Suche nach dem Sinn des Lebens begab und so das Fa fand. Was mich zum Fa geführt hatte, war das Streben, diese Trauer um die Beziehung zu überwinden.

Als ich dann die Praktizierende, die ich oben erwähnte, damals näher kennenlernte, beschäftigte mich das Thema Heirat immer mehr. Durch meine vorherigen Verletzungen hatte ich zwar einen starken Schutzpanzer aufgebaut, der jedoch durch das Vertrauen zu der Praktizierenden immer mehr aufbrach. Sie half mir, den Tod meines Vaters besser zu verarbeiten, und ich hatte wirklich Zuversicht, dass sich in meinem Leben etwas änderte.

Doch so plötzlich wie mein Vater starb, so endete der Kontakt zu der Praktizierenden von einem Tag auf den anderen – plötzlich und unerwartet, es war hart für mich. Am gleichen Tag startete ein Projekt für die Kunstausstellung. Wir bauten Staffeleien aus Holz in einer kalten Werkstatt ohne Heizung. Alles war wie weggerissen in mir, doch die Staffeleien zu bauen, hielt mich aufrecht. Mein grundlegendster Eigensinn war berührt, für mich war es wie ein Kampf um Leben und Tod. Die Staffeleien zu bauen, waren mein einziges Fundament, das ich noch halten konnte.

Die ganze Nacht konnte ich nicht schlafen. Ich war wieder alleine. Als ich dann zu der Schule ging, in der ich arbeite, war ich fix und fertig. Ich sah auf dem Gehweg Glasscherben liegen und dachte: „Man will mich zerbrechen wie diesen Scherbenhaufen, der vor mir liegt.“ Mittags wäre ich fast zusammengebrochen.

Später war ich wieder im Unterricht. Ein Schüler, dem ich etwas erklärte, bedrohte mich plötzlich. Er war aggressiv. Mich verdutzte das, denn es war das gleiche Gefühl wie nach dem letzten Telefonat mit der Praktizierenden. Als ich das erkannte, verbesserte sich mein Zustand.

Im Nachhinein war die Erfahrung eine Wiederholung der Erfahrungen mit meiner letzten Freundin. Ich war wieder in einem Tal, sie stand auf dem Berg. Ich schaute hoch, doch sie sah mich nicht, wie bei meiner letzten Freundin. Nicht wahrgenommen zu werden, verletzte mich, rief Hilflosigkeit in mir hervor. Ich habe erkannt, dass es mein grundlegendster Eigensinn ist, beachtet zu werden. Und so entstand das Streben nach Ruhm in mir.

Das Schlechte in etwas Gutes umwandeln

In jener Zeit schrieb ich eine Praktizierende an, um mich mit ihr darüber auszutauschen. Der Grund war, dass sie ähnliche Probleme hatte. Meine E-Mail dazu half ihr sehr, weil sie gerade an einem Abgrund stand. Später schrieb sie mir: „Ich denke, du hast es gemacht, um mein Leben zu retten.“

Das ließ mich erkennen, dass etwas, das ich für schlecht halte, aus einem anderen Blickwinkel heraus etwas Gutes sein kann. Meine Trauer und mein Leiden waren für mich schmerzhaft, ich hielt sie für schlecht, aber genau dadurch habe ich mich erhöht und etwas erkannt. Und erst dadurch konnte ich dieser Praktizierenden durch meine E-Mail helfen. Es ist eine gute Sache daraus geworden.

Am nächsten Tag erinnerte ich mich an einen Erfahrungsbericht. Damals verstand ich, dass man für den neuen Kosmos alles aufgeben soll, wenn es der Kosmos benötigt, sogar seine eigene Existenz. Bei den Übungen war ich voller Energie und mein Herz sagte mir: „So ein Lebewesen möchte ich auch sein, das für den neuen Kosmos alles aufgeben kann. Um des Kosmos Willen lasse ich auch meine Wünsche los.

Als ich in der Schule war, zeigte mir der Schüler, der mich vorher so aggressiv angegriffen hatte, was er gebaut hatte. Es war ein schönes Herz aus Messing, das golden glänzte. In dieser Zeit sah ich überall Herzen. Sogar die Löcher, die durch die Äste aus dem Holz für die Staffeleien brachen, waren herzförmig oder achtförmig. Eine Praktizierende lachte darüber, doch ich sah lauter kleine Herzen, große Herzen an Fenstern, sogar der Griff der Tasse stellte ein halbes Herz dar.

Auch tauchte immer wieder eine SMS eines Praktizierenden auf meinem Display auf:

„Kein Problem… Vielen Dank.“ Plötzlich dachte ich an die Frau im Zhuan Falun, die von einem Auto angefahren wurde. Ich sollte wie sie aufstehen und einfach weitergehen. Nachsichtig sollte ich sein …Kein Problem …Vielen Dank.

Ich sah auf der Heimfahrt von einem Seminar eine Hausfassade mit einem gemalten Bild einer Frau, die die Natur verkörperte. Es stand ein Schriftzug dabei, sinngemäß: „Ihre größte Fähigkeit: verzeihen“. Ich erkannte: Meine größte Fähigkeit, meine Natur sollte mehr Nachsicht sein.

Im Nachhinein verstehe ich, dass ich mich nicht nur bei einer Heirat mit jemandem verbinden soll, sondern mit allen Praktizierenden. Ich habe erkannt, dass ich meine Wut, meine Verletzungen durch meine Mitmenschen und Praktizierenden mit Barmherzigkeit und Nachsicht behandeln soll, meinen Groll loslassen und nachsichtig zu Praktizierenden, die mich verletzt haben, sein soll. Es ist für den neuen Kosmos wichtig, dass wir zusammenhalten, dann wird unsere Kraft unendlich groß.

Wir sind eine Familie

Abschließend öffne ich ein letztes Fenster. Ich habe erkannt, dass wir eine Familie sind. Vor einiger Zeit gab es in der Stadt eine größere Veranstaltung. Mit dem Praktizierenden, der die Veranstaltung organisierte, hatte ich Probleme. Deshalb wollte ich eigentlich gar nicht hingehen. Jedoch wusste ich, dass es falsch wäre, wegen eines Konfliktes nicht hinzugehen. So entschied ich mich, mit meinem unruhigen Herzen hinzugehen.

Dort angekommen, machte ich die Übungen. Es war ein großes Stadtfest und die Stände standen Reihe an Reihe. Bei einem gegenüberliegenden Stand lief Musik, die ich sehr laut hörte. „We are a family“ schallte es aus den Lautsprechern in meine Ohren… „We are a family.“

Plötzlich erkannte ich beim Üben, was der Meister im Zhuan Falun erklärt:

„Die kosmischen Räume sind ursprünglich schon barmherzig und besitzen die Eigenschaften Zhen, Shan, Ren, die Menschen sind mit den gleichen Eigenschaften wie der Kosmos geboren worden. Aber nachdem mehr Lebewesen entstanden sind, hat sich eine Art gesellschaftlicher Beziehung ergeben. Manche unter ihnen sind vielleicht egoistisch geworden, dadurch ist ihre Ebene allmählich herabgesunken, sie können dann nicht mehr auf dieser Ebene bleiben und müssen nach unten fallen. Auf dieser anderen Ebene sind sie jedoch wieder schlechter geworden, hier können sie auch nicht mehr bleiben, dann fallen sie weiter nach unten. Zum Schluss sind sie auf die Ebene der Menschheit heruntergefallen.“ (Li Hongzhi, 2012, S. 6 f.)

Im Nachhinein habe ich Folgendes erkannt: „Manche Mitpraktizierende mögen wir, manche weniger. Aus egoistischen Gedanken heraus halten wir diese nicht mehr fest und sie uns auch nicht mehr. Aber in einer Familie sieht das anders aus. In einer Familie haben wir zu allen eine Beziehung. Wir lernen voneinander, kooperieren und unterstützen einander und halten uns gegenseitig. Dadurch werden wir unzerstörbar.

Danach kam ein zweite Lied: „Save me.. Rette mich. Save me…Rette mich.“ Ich habe erkannt, dass wir hier sind, um Lebewesen zu retten, und dass wir alle Gesinnungen beseitigen sollen, die uns auseinander treiben und verhindern wollen, diese unsere Aufgabe zu erfüllen. Wir sind eine Familie!

Danke, Meister!Danke an meine „Familie“!

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