Offen und aufrichtig kultivieren

Für uns westliche Praktizierende sind die Qualen, die unsere chinesischen Freunde durchstehen müssen, kaum vorstellbar. Unsere kleinen Alltagsprobleme erscheinen dagegen manchmal fast lächerlich. Ich frage mich oft, warum ich mich über meine Kinder aufrege und schäme mich dann, wenn ich erfahre, dass zur gleichen Zeit in China gerade wieder ein Mord oder eine Misshandlung stattgefunden hat. Als vor kurzem in unserem Ort eine Kinderbörse stattfand, fragte ich, ob ich Falun Dafa-Zeitungen auf den Tischen auslegen könne und es war auch kein Problem, dennoch kostete es mich einige Überwindung. Ich beobachtete, wie manche Leute darin lasen. Ein Mann gab seinen Kindern die Zeitungen und sie malten darin herum. Ich fühlte mich unwohl, sagte jedoch nichts. Meine jüngste Tochter hingegen, die erst vier Jahre alt ist, sagte sofort zu dem Mann: „Die muss man lesen!“ Ich sagte nichts, denn ich wollte tolerant sein. Nach der Kinderbörse sammelte ich die übriggebliebenen Zeitungen wieder ein. Ich hatte ein ungutes Gefühl. Zu Hause überlegte ich, ob ich alles richtig gemacht hatte, ob ich mich wirklich nach den Maßstäben Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht erhalten hatte. Mir wurde immer unwohler zu Mute. Ich überlegte weiter. Hatte ich mich nicht wie ein Dieb benommen? Ich hatte zwar die Zeitungen zwar ausgelegt, aber keinen Menschen angesprochen und mich nicht als Falun Gong-Praktizierende zu erkennen gegeben. Ich schämte mich, sonst hatte ich immer zu wenig Zeit, um mit anderen offen und aufrichtig über die Notlage der chinesischen Praktizierenden zu sprechen, an diesem Tag hätte ich Zeit gehabt. Es waren so viele Menschen da und nur ein Bruchteil hatte die Zeitungen überhaupt da liegen sehen. Ich hätte Unterschriften sammeln können. Ich hätte so viel machen können, wenn da nicht diese Angst gewesen wäre. Als ich das alles erkannt hatte, fühlte ich mich erleichtert. Ich erzählte meinen Kindern, dass ich am diesem Tag mich nicht aufrichtig verhalten hatte und nicht für das eingestanden bin, an das ich glaube. Sie verstanden gleich, was ich damit meinte.

Am nächsten Tag hatte ich aus diesem Fehler gelernt. Als ich bei der Arbeit war; Briefe austragen, nutzte ich jede Gelegenheit und gab den Leuten die Zeitungen und erzählte von der schlimmen Verfolgung in China. Ich traf zwar nur wenige Leute, aber ich tat mein bestes, um die Falun Gong-Praktizierenden in China zu unterstützen. Diese scheinbar einfache Handlung zeigte große Wirkung und es gab welche, die ehrlich berührt von der Tragödie in China waren und die die Grausamkeiten der chinesischen Regierung nicht verstehen konnten.

Einmal fuhr ich nach Ulm zur Uni. Ich verteilte nur Zeitungen, obwohl ich eigentlich Unterschriften sammeln wollte. Abends vergaß ich ca. 200 Kopien Infomaterial an der Uni. Zuerst überlegte ich, ob es sich finanziell überhaupt noch einmal lohnen würde, bis nach Ulm zu fahren. Eigentlich hatte ich auch nur wenig Zeit. Dann bemerkte ich jedoch, dass ich mich eigentlich nur davor scheute, die Leute direkt anzusprechen und eine Ausrede suchte. Als ich das erkannte, fiel mir alles wieder leicht. Ich nahm die Unterschriftenliste und machte mich auf den Weg. Als ich an der Uni ankam, war ich sehr erstaunt. Überall auf den Tischen lagen noch meine Zeitungen und viele lasen gerade darin. Ich holte meine Unterschriftenliste heraus und fragte, ob sie unterschreiben würden. Die Studenten sagten daraufhin: „Gerade haben wir die Zeitung gelesen, ich werde unterschreiben.“ Wir hatten sehr interessante Gespräche und wenn jemand von Sekte sprach, dann sagte ich einfach: „Nein, Falun Gong ist keine Sekte. Schau mich doch an. Ich praktiziere seit 4 Jahren Falun Gong. Sehe ich so aus, als gehörte ich einer Sekte an?“

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